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man ihn für einen an der Krankheit Verstorbenen hielt, so wurde er auf einem Wagen auf den Kirchhof gefahren, wo man ihm sein Plätzchen unter den übrigen bereits dorthin geschafften Toden, die wegen ihrer Menge nicht gleich alle beerdigt werden konnten, anwieß. Als er erwachte, wußte er zwar nicht, wo er sich befand, war aber gar fröhlichen Muthes, langte nach seiner Sackpfeife und blies, darüber der Todengräber gar sehr erschrak und es dem Rathe meldete. Schade, daß die Toden nicht nach seinem Reigen tanzten. Man fand den todgeglaubten Schäfer, der darauf noch viele Jahre lebte und noch oft auf seiner Sackpfeife schallmeiete.




195.
Thauma und Losa ist auf.

Nahe bei Plauen liegen zwei Dörfer, Thauma und Losa, von denen haben die Umwohner das Scherzwort, daß sie sagen, wenn sich irgend ein Rumor begiebt oder ein gewaltiger unnützer Lärm: „Thauma und Losa ist auf“. Vom Ursprunge dieser Scherzrede erzählt man: Als der Bauernkrieg im Thüringerland entbrannte, kam die Nachricht von der Erhebung der Bauernschaft auch nach Thauma, fand dort Anklang, und der ganze Ort gerieth in Aufruhr. Bald scholl die Kunde des Allarms auch nach Losa hinüber und auch hier waffnete sich die Bauerschaft in großer Eile. Bald strömten andere Dörfer hinzu, und es vereinigte sich das Bauernheer in der Nähe beider Orte, und rückte nun bedrohlich gegen Plauen; Thauma und Losa voran. Die Stadt ward in der That angegriffen, die

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/70&oldid=- (Version vom 1.8.2018)