Seite:Ludwig Bechstein - Thüringer Sagenbuch - Zweiter Band.pdf/85

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Teufelskanzel, auf welcher der Herrgottsaffe weiland gepredigt haben soll.




210.
Der Schatz im Steinbühel.

Zu Hermannsgrün, einem großen Dorfe bei Greiz, erschien einem armen Manne zur Mitternachtstunde ein kleines graues Männchen und sagte zu ihm: Im Steinbühel draußen liegt ein Schatz, komm mit und hebe ihn. Der Einwohner zeigte aber nicht die mindeste Lust, dieser Aufforderung Folge zu leisten, vielmehr grauete er sich vor dem grauen Männlein, kroch tief unter die Bettdecke und das Männlein verschwand. Zur folgenden Mitternachtstunde war es wieder da, und bat abermals, mitzugehen und den Schatz zu heben. Aber auch diesesmal ließ die Furcht es nicht zu. Auch in der dritten Nacht erschien das Männchen mit trauriger und zorniger Gebehrde, und als es wiederum unverrichteter Sache von dem Zaghaften wich, warf es die Thüre zu, daß alles prasselte. Am Morgen darauf trieb die Neugierde den Träumer doch nach dem Steinbühel, siehe, da fand er den Rest des Schatzes, den er hatte heben sollen, eine kleine Grube, darin eine alte Urne, und in der Urne – einen verschimmelten Pfennig. Das war der Lohn seiner Zaghaftigkeit.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/85&oldid=- (Version vom 1.8.2018)