1365 war zu Lübeck ein Schüler mit Namen Nicolas, der lag in der Mühlenstraße zur Herberge, in einem Hause zum güldenen Stein genannt. Dieser fühlte sich eines Tages von einem wunderbaren und ungewohnten Schlaf beschwert, und schlief feste ein. Da lag er in einem steinernen Gewölbe bis an den andern Tag; als man ihn aber aufsuchte, konnte man ihn durch kein Rufen, Rütteln oder Schütteln zum Bewußtsein bringen, und man hätte ihn für todt gehalten, wenn nicht sein Herz deutlich geschlagen, und sein Odem zu spüren gewesen wäre. Also schlief er nun ganzer sieben Jahre und ward schier vergessen. Nun weiß ich nicht, wie es sich von ungefähr begeben, daß Einer, der in alle Winkel guckte, auch wissen wollte, was in dem alten Gewölbe vorhanden wäre; indem er also die Thür aufmacht, sieht er den Schüler schlafen, und da er ihn nicht erkennt, stößt er ihn fast hart an, und erweckt ihn damit aus dem Schlafe. Jetzt erinnerten sich die, welche ihn hervorkommen sahen, und urtheilten aus dem Gesicht, das sich nicht gewandelt, daß er der sei, welcher vor 7 Jahren bei ihnen entschlafen; und entsetzten sich darüber. Er aber verwunderte sich, und meinte, er hätte nur eine Nacht oder
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/140&oldid=- (Version vom 1.8.2018)