habe gleich anfangs fleißig nachgesehn, und nichts erblickt; glaube deshalb, sie sei ihm vom Rabundus untergeschoben. Rafft sie also zornig auf, und schiebt und stößt sie dem Rabundus wieder hin unter sein Kissen. Dieser will sie nicht annehmen, der Andere sich aber nicht aufdringen lassen, so daß ein heftiges Gezänk darüber entsteht, bis sich das Kapitel ins Mittel schlägt. Weil aber Rabundus durchaus nicht gestehen will, daß er die Rose zuerst gehabt, sondern auf seinem unwahrhaftigen Vorgeben steif behaut, hebt endlich der Andere aus Verbitterung und Ungeduld an zu wünschen: daß der, welcher Unrecht habe, anstatt der Rose zum Zeichen werden, und in seinem Grabe, wenn ein Domherr sterben solle, klopfen möge bis an den jüngsten Tag. Rabundus, der solchen Wunsch als leeren Wind achtet, spricht freventlich: „Amen; es sei also.“
Da nun Rabundus nicht lange hernach gestorben, hat er von der Zeit an, sobald ein Domherr abscheiden sollen, entsetzlich geklopft, oder vielmehr grausam hart angeschlagen. Denn es ist eigentlich kein Klopfen, sondern es geschehen unter seinem im Chor befindlichen, sehr großen und langen Grabstein drei erschreckliche Schläge, die nicht viel gelinder krachen, als ob das Wetter einschlüge, oder dreimal ein Karthaunenschuß geschähe; und wenn der dritte Streich geschieht, läuft oder fleucht der Knall über dem Gewölbe die ganze Kirche
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/197&oldid=- (Version vom 1.8.2018)