Da nun gleichwohl das Wünschen nichts geholfen, hat er einen jungen Herrn seiner Verwandten zu Kaiser Carl dem Fünften, seiner Frauen Bruder, geschickt, der kürzlich aus Hispanien gekommen war, und ihn hoch begrüßen und bitten lassen: daß ihm ein kleines Städtlein, Lübeck genannt, an der deutschen Küste belegen, verehrt und geschenkt werden möchte, damit, wenn er nach Deutschland nothwendig überfahren müßte, er auch nach seinem Willen empfangen würde.
Dem Kaiser war Lübeck damals noch unbekannt; deßwegen fehlte nicht viel, so wären die Briefe darüber ausgefertigt. Aber es war gerade ein Burgemeister aus Cöln am Hofe; der trat, als ihm des Königs Begehr zu Ohren gekommen, vor den Kaiser und berichtete ihn, daß Lübeck kein Städtlein, sondern einer von den vier Hauptörtern des Reichs, und das Haupt der Hansestädte wäre. Worauf der Kaiser weit anderes Sinnes geworden, und dem König einen Abschlag gethan.
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/301&oldid=- (Version vom 1.8.2018)