Um diese Zeit ungefähr lag in der Tilgenstraße ein großes wüstes Haus: da war es nicht ganz richtig, denn man hörte bei nächtlicher Weil ein Seufzen, Stöhnen, Heulen und Zähnklappen darin und sah helle Flammen aufschlagen, so daß man’s nur die Hölle nannte. Ein ehrlicher Mann aber, der zu des Raths Reitern gehörte und im Kampf mit den Straßenräubern sich tapfer bezeigt, hatte auf einem Schloß, das die Lübschen zerstört, sieben unschuldige Knäblein gefunden und an sich genommen, die man nur die Sövenbröderen (sieben Brüder) hieß, weil man’s nicht anders wußte. Dem gab Ein Rath das Haus ein, damit er die Knaben in Ehren erziehn und zu ehrlichen Dienern und Gesellen machen sollte. Da hörte zwar der Höllenspuk auf; aber weil sie Tag aus Tag ein mit Reiten und Turnieren, Hauen und Stechen umgingen, war das Getös eben so arg denn zuvor, daß man’s darum ferner die Hölle hieß.
Nun war nebenan auch ein sehr großes Haus, das einem Rathsherrn gehörte, welcher in der Stadt Geschäften lange Jahre abwesend war. Dem hatte sein Weib sieben Töchter verlassen, da sie starb; die ließ er durch eine treue Schaffnerin aufziehn und hatte sie einem alten Priester befohlen. Dieser aber war geizig und trachtete
Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Carl Boldemann, Lübeck 1852, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luebische_Geschichten_und_Sagen.djvu/84&oldid=- (Version vom 1.8.2018)