Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 2. Theil | |
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Reiz. Eines Morgens gab ich meinem treuen Diener meinen Wunsch zu erkennen, die Nymphen möchten doch wiederkommen. Der ehrliche Kerl sah mich erst einen Augenblick verstört an, dann schüttelte er feierlich das Haupt und murmelte „Taboo! Taboo!“ indem er mir zu verstehen gab, daß ohne die Entfernung des Canoe die Mädchen nicht wiederkehren dürften. Aber damit war ich nicht einverstanden; ich wollte nicht nur haben, daß das Canoe dabliebe, sondern ich wollte auch, daß die schöne Fayawa sich zu mir in dasselbe setzen und auf dem See mit mir umher rudern sollte. Dieser Vorschlag beleidigte Kory-Kory’s Schicklichkeitsgefühl auf das Schrecklichste. Er eiferte dagegen als so abscheulich, daß man nicht einmal daran denken dürfte. Und nicht nur ihrem Schicklichkeitsgefühl lief es zuwider, sondern es wich von allen ihren religiösen Gesetzen ab.
Indeß, obgleich der „Taboo“ eine zu kitzliche Sache war, um damit zu spaßen, so beschloß ich doch, seine Fähigkeit, einem Angriff zu widerstehen, auf die Probe zu stellen. Ich fragte den Häuptling Mehevi um Rath, welcher versuchte, mich von meinem Vorhaben abzubringen; ich ließ mich aber nicht zurückweisen, sondern verdoppelte nur meine dringenden Bitten. Endlich ergoß er sich in einer langen und ohne Zweifel sehr gelehrten und beredten Auseinandersetzung der Geschichte und des Charakters des „Taboo,“ wie sie gerade für diesen Fall nöthig war, und gebrauchte
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/12&oldid=- (Version vom 1.8.2018)