Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 2. Theil | |
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großen arithmetisch oder stufenleiterweise fortschreitenden Familien gesehen, die man bei uns so häufig sieht. Ich habe nie mehr als zwei Kinder in demselben Hause leben sehen und diese Zahl sogar nur selten. Was die Weiber betrifft, so lag es auf der Hand, daß die Sorgen der Kinderstube nur selten die Heiterkeit ihrer Seele trübte und nie sah man sie mit vielen Kindern im Thale umher gehen, die an ihren Schürzenbändern oder besser dem Brotbaumblatte festhielten, welches sie gewöhnlich hinten am Gürtel trugen.
Das Zunehmen der Bevölkerung ist sehr gering bei allen polynesischen Stämmen, und an einigen Orten, welche noch nicht durch die Berührung mit Europäern entweiht wurden, übersteigt die Zahl der Geburten die Zahl der Todesfälle nur um ein sehr Geringes, so daß die Bevölkerung in solchen Fällen selbst durch mehrere Menschenalter sich fast nicht ändert, selbst auf den Inseln, die fast nie durch Kriege verwüstet werden, und unter den Völkern, wo das Verbrechen des Kindesmordes noch ganz unbekannt ist. Es scheint dies eigens von der Vorsehung angeordnet zu sein, um die Übervölkerung der Inseln mit einer Menschenrace zu vermeiden, die zu träge ist, um den Boden anzubauen und schon aus dieser Ursache bei einer bedeutenden Zunahme dem schrecklichsten Elende preisgegeben sein würde. Während der ganzen Zeit meines Aufenthaltes im Thale von Typie sah
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/131&oldid=- (Version vom 1.8.2018)