Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 2. Theil | |
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Canäle fließen, endlich doch ihren ursprünglichen Zweck, die Bekehrung der Haiwianer, erfüllten. Ich hebe dieses nicht hervor, weil ich an der Ehrlichkeit derer zweifle, welche die Fonds vertheilen, sondern weil ich weiß, daß sie nicht richtig verwendet werden. Hochtrabende Berichte von den Leiden der Missionäre und glühende Beschreibungen von Bekehrungen und Taufen im Schatten der Palmen zu lesen ist Eines; aber nach den Sandwich-Inseln zu gehen, und die Missionäre in malerischen, hübsch eingerichteten Korallen-Villas wohnen zu sehen, während die unglücklichen Eingebornen um sie her in Demoralisation untergehen, ist ein ganz Anderes.
Um aber gerecht gegen die Missionäre zu sein, räume ich willig ein, daß, wie groß auch das Übel, welches durch die falsche Verfahrungsart der Missionen im Ganzen und durch den Mangel an wirklicher Frömmigkeit bei einigen unter ihnen entstanden ist, der jetzige traurige Zustand der Sandwich-Inseln keinesweges durchgehend ihnen zum Vorwurf gemacht werden kann. Der demoralisirende Einfluß einer schlechten fremden Bevölkerung, und die häufigen Besuche aller Arten von Schiffen haben nicht wenig zur Steigerung des Übels beigetragen. Wie in allen Fällen, wo die Civilisation auf irgend eine Weise sich denen aufgedrängt hat, welche wir Wilde nennen, hat sie auch hier ihre Laster ausgestreut und ihre Segnungen vorenthalten.
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/143&oldid=- (Version vom 1.8.2018)