Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 2. Theil | |
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ist. Dieses merkwürdige System ist so sonderbar und verwirrt in seinen Einrichtungen, daß ich mehrere Male Menschen getroffen habe, welche Jahre lang auf den Inseln der Südsee gewohnt, und bedeutende Kenntniß der Sprache erlangt hatten, dennoch aber über dieses geheimnißvolle Wesen und seine Macht keinen genügenden Aufschluß geben konnten. In meiner Lage im Thale von Typie sah ich stündlich den Einfluß dieses allmächtigen Wesens, ohne es aber im Geringsten verstehen zu können. Dieser Einfluß war in der That weit ausgedehnt und allgemein, denn er äußerte sich bei den wichtigsten, wie bei den geringfügigsten Lebensereignissen. Der Wilde beobachtet fortwährend die Gebote desselben und sie leiten und controliren jede seiner Handlungen.
Einige Tage lang, als ich erst ins Thal gekommen war, hörte ich wol funfzigmal das magische Wort: „Taboo“ mir zurufen, weil ich irgend eine der Verordnungen desselben unbewußt übertreten hatte. Den Tag nach unserer Ankunft reichte ich zufällig Tobias etwas Tabak über den Kopf eines zwischen uns sitzenden Eingebornen. Dieser sprang auf als hätte ihn eine Natter gestochen, und sämmtliche Leute im Hause schrieen mit einem unzweideutigen Ausdruck von Abscheu das magische Wort. Ich habe nie mir eine ähnliche Übertretung zu Schulden kommen lassen, welche die Gesetze der feinen Bildung eben so sehr verletzten, wie
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/184&oldid=- (Version vom 1.8.2018)