Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 2. Theil | |
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einer Cocospalme sitzen und rauchen; und oft sah ich ihn bis an die Hüften im Wasser stehen und sich die borstigen Haare seines Bartes mit einem paar Muschelschaalen ausrupfen, die er als Zange gebrauchte.
Der Mittagsschlummer dauerte gewöhnlich anderthalb Stunden, sehr häufig aber länger; nachdem die Schläfer sich von ihren Matten erhoben hatten, nahmen sie wieder ihre Pfeifen hervor und bereiteten sich dann zu der Hauptmahlzeit des Tages vor.
Ich aber, nach Art müßiger Herren, die zu Hause frühstücken und in ihrem Club zu Mittag eßen, ging immer in meinen gesunden Perioden nach dem Ti, um das Nachmittagsmahl mit den unverheiratheten Häuptlingen dort zu genießen, die sich immer freuten, mich zu sehen, und alle die schönen Sachen, die ihre Speisekammer enthielt, in reichlichem Maße vor mir ausbreiteten. Mehevi bewirthete mich in der Regel, unter andern Leckereien, mit einem gebackenen Schweinchen, und ich habe alle Ursache, anzunehmen, daß diese Delikatesse eigens zu meiner Erquickung bereitet wurde.
Der Ti war ein recht vergnüglicher Ort. Es that meinem Herzen sowol als meinem Leibe wohl, ihn zu besuchen. Sicher vor weiblicher Störung, war die Heiterkeit der Krieger ungebunden, und nach Art der europäischen Herren, wenn das Tischtuch abgenommen, und die Damen sich zurückgezogen haben, ließen sie ihren Späßen freien Lauf.
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/51&oldid=- (Version vom 1.8.2018)