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Seite:Meyers Universum 5. Band 1838.djvu/171

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Kein Wunder! denn für die raubsüchtigen Kriegerschaaren war der köstliche Bergsegen die lockendste Beute. Viele Bergknappen nahmen auch Kriegsdienste; noch mehre verdarben durch Pest und Noth, oder sie lernten andere Gewerbe. Die so häufigen Spuren alten Bergbaus im Erzgebirge, an Gegenden und an Orten, wo längst des Bergmanns fröhliches Glückauf! nicht mehr gehört wird, – jene oft stundenlangen Pingenzüge und überwachsenen Halden, an welche das Volk die alten Sagen von reichen Bergschätzen knüpft, sind fast alle aus jener Zeit, und die Trümmer der damals aufläßig gewordenen Werke. Erst nach dem westphälischen Frieden hob sich der Bergbau von neuem; aber doch nur in beschränkterem Kreise. Eine liberalere Gesetzgebung begünstigte ihn, so viel sie vermochte, und die Entdeckungen zum wohlfeilern und vollständigern Ausbringen der Metalle, besonders die Amalgamation, die Verbesserungen im Maschinenwesen, die dadurch ermöglichte Gewältigung der Grubenwasser mit geringern Kosten, die Errichtung der Bergakademie in Freiberg und der Generalschmelzadministration, welche den Hüttenprozeß für edle Erze aller Gruben vereinigte, und andere gute Anstalten, suchten zu ersetzen, was die Erzlager an Ergiebigkeit verloren hatten. Der Staat übernahm die Anlage der ungeheuersten Werke zur Wasserlosung mittelst stundenlang fortgetriebener Stollen (Tunnels), um die ersoffenen Gruben auf langen Gang-Zügen von ihren Wassern zu befreien. Jeder, der eine alte Grube wieder bearbeiten wollte, oder einen neuen Gang entdeckt zu haben glaubte, wurde, war er Inländer oder Fremder, erb- und eigenthümlich damit beliehen, und so lange er nicht Ausbeute hatte, verzichtete der Landesherr gewöhnlich auf herkömmlichen Zehnten und Steuern. Jeder durfte schürfen wo und wie er wollte; und wer ein bauwürdiges Lager von nutzbaren Fossilien auffand, aber nicht die Mittel, oder die Lust hatte, sie selbst zu gewinnen, wurde vom Staate freigebig belohnt. Diese und andere Bestimmungen, welche größtentheils noch gegenwärtig gesetzliche Kraft haben, (z. B. das Recht der Bergleute, oder Unternehmer, in Gewerkschaften [Aktienvereine] zusammenzutreten, und eine oder mehrere Gruben für gemeinschaftliche Rechnung zu bauen), haben dem sächsischen Bergbau seit länger als einem Jahrhundert neues Leben gegeben und erhalten. Gegenwärtig arbeiten im Freiberger Reviere, in einigen sechzig Gruben, über 2200 Bergleute, und die jährliche Ausbringung an Silber, (50,000 Mark), an Kupfer, Eisen, Kobalt, Schwefel, Blei übersteigt den Werth von 2 Millionen Thaler.

Außer den wenigen Gruben, welche dem Gouvernement gehören, sind alle übrigen vergewerkschaftet, d. h. sie werden für Rechnung von Privatgesellschaften betrieben. Das Eigenthum jeder Grube zerfällt gesetzlich in 128 Aktien, welche Kuxe heißen, und die Besitzer desselben bilden eine Gewerkschaft. Diese bestreitet die Kosten des Baus gemeinschaftlich durch Zubuße und theilt den sich ergebenden Gewinn als Ausbeute. Die Aufsicht über den Betrieb und die technische Oberleitung überhaupt übt das Bergamt, ohne daß den Grubenbesizern Kosten daraus erwüchsen. Als Bevollmächtigter der Gewerkschaft handelt der Schichtmeister, welchem die Details

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Fünfter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1838, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_5._Band_1838.djvu/171&oldid=- (Version vom 5.9.2024)