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Seite:Meyers Universum 5. Band 1838.djvu/172

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der Verwaltung obliegen, und der sowohl der Gewerkschaft, als dem Bergamte jährlich Rechnung legen muß, welche letztgenannte Behörde sie der schärfsten Revision unterwirft. Jede Gewerkschaft hat das Recht, ihre Gruben unbearbeitet zu lassen; allein, wenn sie die Wiederbelegung länger als ein Jahr aussetzt, so verliert sie ihr Eigenthum daran, so wie an allen noch vorräthigen Erzen, Wasserkünsten und zum Dienste der Gruben gehörigen Bauwerken, und die Grube wird mit allem Zubehör für in’s Freie gefallen erklärt. Ist dieß geschehen, so kann Jeder, der zu ihrem Fortbetriebe Lust und Mittel hat, sie in Besitz nehmen (muthen), und er wird, auf sein Ansuchen, erb- und eigenthümlich damit belehnt. Um inzwischen solchen Veränderungen, die immer mit großen Nachtheilen für die Grubenwirthschaft und mit empfindlichen Störungen im gewohnten Erwerb der Bergleute verknüpft sind, möglichst vorzubeugen, besteht schon seit langen Jahren die Einrichtung, für jede Grube aus einem dazu reservirten Theil des Gewinns (der Ausbeute), oder selbst durch Zubuße, ein Vermögen (einen Kapitalfond) zu sammeln und auf große Erzvorräthe zu halten. Während nun solche Einrichtungen die Eigner (Kuxinhaber) in Zeiten der Zubuße hindern, diese zu verweigern und dadurch ein Eigenthum von bedeutendem Kapitalvermögen aufzugeben, auch bei unvorhergesehenen Unglücksfällen die bequemsten Mittel zur Abhülfe darbieten, und die Regierung in den Stand setzen, in außerordentlichen Fällen mit Vorschüssen, ohne Gefahr des Verlustes, zur Hand zu gehen, sichern sie zugleich eine ganz regelmäßige und stätige Lieferung von Erzen an die Schmelzwerke, und folglich auch diesen Anstalten einen geregelten und vortheilhaften Betrieb; denn ohne große Erzvorräthe an den Gruben würde die Erzlieferung an die Hütten von oft plötzlichen Wechseln in der Produktion abhängig seyn. Manche Gruben im Freiberger Revier haben 30,000 bis 60,000 Thaler baaren Kassenbestand und einen Erzvorrath, um für ein ganzes Jahr die vorausbestimmten Ablieferungen zu befriedigen.

Der gesammte erzgebirgische (sächsische) Bergstaat steht unter dem Finanzministerium, und theilt sich, hinsichtlich der Aufsicht und Gerichtsbarkeit über die Gruben, in 6 königliche und 5 herrschaftliche Bergämter, in Ansehung der Aufsicht über die Berggefälle (Zehnten und Zwanzigsten von den in Ausbeute stehenden Gruben der Gewerkschaften) aber in 2 Oberzehntämter zu Freiberg und zu Annaberg. Die unmittelbaren Oberbehörden sind das Oberberg- und das Oberhüttenamt, welche beide ihren Sitz in Freiberg haben. Jenes leitet den eigentlichen Erzbau; dieses führt die Aufsicht über die Schmelzhütten und das Amalgamirwerk. Alle Rechtssachen werden von den Bergämtern in erster Instanz entschieden. Früher genossen alle zum Bergwesen gehörige Personen eine Menge Vergünstigungen und Privilegien; ein sehr wichtiges war die Befreiung vom Militairdienste. Sie sind, als dem constitutionellen Prinzipe der Rechtsgleichheit aller Staatsbürger zuwider, in neuester Zeit aufgehoben worden. – Auch das Ausland hat schon längst anerkannt, daß bei der Bergverwaltung keines andern Staats eine solche Ordnung

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Fünfter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1838, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_5._Band_1838.djvu/172&oldid=- (Version vom 5.9.2024)