Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Fünfter Band | |
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und Sparsamkeit herrsche, wie bei der sächsischen, und die Tüchtigkeit der Freiberger Schule ist längst weltbekannt. Seit vielen Jahren gibt Freiberg den Bergverwaltungen anderer Länder, Amerika, Rußland, Schweden, Italien, Frankreich sogar, wie allen deutschen Staaten, die wackersten Offiziere. Auch für die Bildung praktischer Unterbeamten, von Steigern u. s. w., besteht in Freiberg ein eigenes Institut, in welchem alle Diejenigen aufgenommen werden, welche, als Bergleute, vorzügliche Anlagen entwickeln. Selbst die Ausbildung des hiesigen gemeinen Bergmanns setzt eine lange Laufbahn voraus. Er beginnt als Waschjunge, kommt dann zur Scheidebank, dann, als Förderjunge, zur Grube, als Haspelknecht an die Haspel, als Lehrhäuer vor Ort, wird als Doppelhäuer Geselle und vollendet seine Meisterschaft, als Ganghäuer, auf edlen Geschicken. Auf diese Weise wird jeder sächsische Bergmann mit allen vorkommenden Arbeiten vertraut und ist zu jeder zu gebrauchen. – Der Charakter des hiesigen Bergmanns ist ehrenwerther, als anderswo, wo ihn keine so strenge und doch so väterliche Aufsicht bewacht. Bei allen Arbeiten herrscht eine militairische Pünktlichkeit und Ordnung; der Genuß von Branntwein ist in den Gruben eine unbekannte Sache, selten hört man von Veruntreuungen, obschon dem Häuer, der auf den reichsten Silberanbrüchen arbeitet, gemeinlich Armuth drückt. Wird bei einem Kameraden irgend eine Unredlichkeit bemerkt, so wird er von der Genossenschaft in den meisten Fällen selbst angegeben. Man bindet ihm das Arschleder ab, macht ihn damit ehrlos und stößt ihn als einen Unwürdigen aus, mit dem kein braver Bergknappe wieder arbeiten mag. Die gebräuchliche Schicht des Bergmanns ist 8 Stunden, so daß in den Gruben drei Arbeiter-Sätze stets wechseln, damit die Arbeiten ohne Unterbrechung Tag und Nacht fortgehen. Vor der Anfahrt versammelt sich alles im Zechenhause zum Gebet; eine fromme, uralte Gewohnheit, an der man strenge hält und ohne welche der gemeine Mann keinen Bergsegen hofft.
Eine Beschreibung der einzelnen Gruben würde ein Buch ausmachen und gehört nicht hierher. Nur der merkwürdigsten geschehe Erwähnung. – Es ist der Himmelsfürst, das reichste Silberbergwerk in Europa! Seit 400 Jahren steht diese Grube in Betrieb, ist gewöhnlich mit 500 Bergleuten belegt und liefert vierteljährig über 3000 Centner Silbererze zu den Hütten. Sie hat seit ihrem Bestehen über 8 Millionen Thaler reine Ausbeute vertheilt und zu verschiedenen Perioden war der Preis eines Kuxes von dieser Grube 20,000 Thaler. – Ihr Inneres ist ein wahres Labyrinth und dessen vollständige Befahrung ist kaum in 8 Tagen möglich. Der Gang ist bis zu einer Tiefe von 200 Lachter (1400 Fuß) abgebaut, noch 50 Lachter tiefer untersucht und edel gefunden worden. Wegen der großen Tiefe des Baues und der schweren Wetter- und Wasserlosung sind aber die Betriebskosten, jährlich über 100,000 Thaler, allmählig so gestiegen, daß von der ganzen Jahres-Ausbeute
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Fünfter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1838, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_5._Band_1838.djvu/173&oldid=- (Version vom 28.10.2024)