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Seite:Meyers Universum 7. Band 1840.djvu/28

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Feldbett ohne Vorhänge, ohne Zierrath. Hier schläft der Monarch. Keiner seiner Unterthanen ruht von seinen Sorgen auf einem einfachern Lager aus. Das ehemalige Schlafzimmer von des Fürsten unvergeßlicher ersten Gemahlin, der Königin Louise, stößt an das seinige. Noch ist’s wie am Tage ihres Todes. Kleidungsstücke liegen auf einem Tischchen neben dem Bette; aufgeschlagen darauf die Bibel. – Die Fürstin von Liegnitz, des Königs zweite Gemahlin, eine Dame vortrefflichen Charakters, wohnt in einem andern Hause gegenüber.

Die Lebensweise des alten Monarchen ist streng geregelt. Alles hat seine Stunde. Der Vormittag gehört fast ausschließlich der Arbeit. Mit dem Schlage Eins ißt er; ein paar Schüsseln schlichte, einfach bereitete Bürgerkost. Fährt er aus, so geschieht’s in einem zweispännigen, alten Wagen: – jeder Regierungsrath hat einen bessern. Seine Garderobe ist nicht viel reicher, als die seines großen Vorfahren, des „alten Fritz,“ und wie reich die war, weiß Jeder. Feind von Gepräng und leerem Pomp, und haushälterisch mit seinen großen Einkünften, nicht um zu geizen, sondern um wohlzuthun, zu helfen, zu trösten und Gutes und Nützliches zu unterstützen im ganzen Reiche; sparsam mit der Zeit, die kein Mensch gewissenhafter anwendet, liebt der König Hof-Feste nicht; sie sind folglich selten und finden immer nur in den Festgemächern des großen Schlosses statt. Dort werden auch die Levees gehalten, und die Personen, welche daran Theil nehmen sollen, sind im Voraus bestimmt; sie werden erwartet und bedürfen der besondern Einladung nicht. Es war eine Zeit, wo die strengste Etikette den preußischen Hof charakterisirte und wo z. B. keine Dame des Zutritts gewiß war, die den heraldischen Beweis hochadeliger Geburt nicht bei sich führte. Sie ist vorüber. Die Fesseln der alten Etikette sind in der That nirgends vollständiger abgeworfen, als am Hofe des Königs Friedrich Wilhelms III. –


Das Schloß ist unter verschiedenen Regenten und von verschiedenen Baumeistern aufgeführt und unstreitig unter allen fürstlichen Residenzen Deutschlands das größte und schönste.

Sonst hieß es die Burg, lag in Cöln, an der Spree, und war befestigt. Der Brandenburger Kurfürst, Friedrich II., legte dazu 1443 den Grundstein. Ueberreste dieses Gebäudes sind noch die „alte Kapelle“ und der sogenannte „grüne Hut,“ welche Theile des jetzigen Schlosses ausmachen. In der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts wurden die Festungswerke abgetragen, und Kurfürst Joachim II. baute auf den Raum derselben eine neue größere Residenz; die alte Burg legte man dabei größtentheils ein. Spätere Fürsten erweiterten die Gebäude noch mehr; eine gänzliche Umwandlung erfuhren sie aber unter den Königen Friedrich I. und Friedrich Wilhelm I., welche, zuletzt unter Schlüter’s Leitung, von 1700 bis 1720, das Hauptgebäude des gegenwärtigen Pallastes aufführten. Das Schloß hat zwei große und zwei kleine Höfe; dessen Länge beträgt 588 Fuß, die Breite 363 Fuß; die Höhe der Hauptgebäude etwa 100 Schuh. Letztere sind in 4 Stockwerke getheilt. Fünf Portale bilden die Zugänge.

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1840, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_7._Band_1840.djvu/28&oldid=- (Version vom 25.10.2024)