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Seite:Meyers Universum 9. Band 1842.djvu/222

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Fürst ließ es zum größten Theile abreißen, und auf seiner Stelle erstand, nach einem großartigen, von den Baumeistern Serlio und Lescot ausgearbeiteten Plane allmählich der neuere Palast. 1541 traten dessen Fundament aus dem Boden. Lescot bauete dreißig Jahre daran: – als er starb, war erst derjenige Theil vollendet, den man jetzt das alte Louvre heißt. Lemercier war sein Nachfolger. Dieser setzte den Bau des gegen die Seine gerichteten Flügels fort, eben so dessen Nachfolger Leveau, welcher einen Theil der Hoffaçaden construirte. Der prunksüchtige Ludwig XIV. suchte in der Vollendung des Palastes Ruhm, den er dennnoch nur theilweise erringen konnte. Er berief Bernini, den berühmtesten Architekten damaliger Zeit, aus Italien zu sich, um den Bau zu leiten; aber dieser, durch Hofcabalen ermüdet, zog sich schon nach 8 Monaten zurück. Darauf legten die französischen Architekten, zur Concurrenz aufgefordert, ihre Pläne vor: König Ludwig wählte den kostspieligsten von allen zur Ausführung. Perrault hatte ihn entworfen und dieser erhielt auch die Leitung des Baus. Sie begann 1670 und ist bis auf unsere Zeit fortgesetzt worden. Selbst unter Napoleon dauerte er noch und auf sein Geheiß erhielt die Königsburg jene bewunderten bronzenen Flügelthüren, welche zu den schönsten Gußwerken der neuern Zeit gehören. Die Grundform des Louvre bildet ein Viereck von etwa 540 Fuß Seitenlänge, dessen mit gekoppelten corinthischen Säulen prunkvoll dekorirte Façaden eine imposante Wirkung hervorbringen. Nicht minder prächtig sind die nach dem Hofe gerichteten Seiten. Der Hof selbst hat über 120,000 Quadratfuß Flächenraum. Eine Colonnade verbindet das Louvre mit den Tuillerien, und beide Paläste als Eins betrachtet, bilden die prächtigste Schloßanlage in Europa.

Während der Revolution zog in die verlassene Prunkwohnung der Könige das Bürgerthum ein, und Rentiers, Künstler und Handwerker hielten zwanzig Jahre lang Haus in den Zimmern und Salons, die vordem nur der hohe Adel betreten durfte. Napoleon gab dem Louvre eine angemessnere Bestimmung. Durch ein Decret machte er es zum Palast der Künste, und er plünderte Europa, um seine Räume mit dem Herrlichsten anzufüllen, was die alte und neue Kunst irgendwo aufgespeichert hatte. Des Louvres neue Bestimmung machte zahlreiche Veränderungen im Innern nothwendig, welche nach des Kaisers eig’nen Ideen vortrefflich ausgeführt sind. Die nach den Tuilerien leitende Gallerie (sie hat über 1300 Fuß Länge und ist die größte der Welt) wurde unter ihm vollendet; von ihm rührt auch der größte Theil der statuarischen Ausschmückung her, welche die Vestibülen und Corridors ziert.

Das weltberühmte Museum (musée royal) okkupirt den größten Theil des Parterres und der Belle-Etage; jenes enthält die Sammlungen der Skulptur und Alterthümer; diese die Gemälde, Kupferstiche und Handzeichnungen; auch eine Sammlung von 4000 gestochenen Kupferplatten der besten Meister.