Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Neunter Band | |
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wechseln mit Fleischbuden, Gahrküchen, Fruchtläden, Apotheken etc. Für alle Bedürfnisse der Chinesen, Japanen und Europäer ist hier gesorgt. Die meisten Chinesen sind schon seit mehren Generationen ansässig, und jährlich wandern ein paar tausend aus dem Mutterlande neu hinzu, die Lücken auszufüllen, welche der Tod der Bevölkerung schlägt. – Java und die ostindischen Inseln überhaupt sind für China das, was für Deutschland und England Nordamerika geworden ist: der Ueberschuß der Bevölkerung fließt dahin ab, und es ziehen alle dahin, die im Heimathlande der Erwerbsmittel entbehren, oder welche der Drang nach einem freieren Zustande peinigt. Die Barbarei der Gesetze, welche in China die Auswanderung bei Todesstrafe verpönen, zwingt dort so wenig die Willensfreiheit des Menschen, als anderwärts, wo man Zeitungsschreiber dingt und Histrionenkünste aufbietet, den Leuten die Auswanderungslust zu verleiden, indem man die Lichtseiten der nordamerikanischen Zustände verdeckt, die Schatten mit den schwärzesten Farben aufträgt und alle Tage eine neue Lüge der Verleumdung erfindet, welche Servilität und Dummheit gleich geschäftig auf den Papierschwingen ihrer Eintagsfliegen durch Europa tragen. –
Die chinesische Bevölkerung ist im ganzen ostindischen Archipel der Kern, aus dem sich die Civilisationskeime entwickeln; der Boden, auf dem Handel und Gewerbe in diesen Himmelsstrichen Früchte treiben. Die Eingebornen kommen den Chinesen an Geschick, Arbeitsamkeit und Thätigkeit nirgends bei, und der Europäer ist nur da, um zu ärndten, nicht, um den Acker zu roden und auszusäen unter dem Schweiße seiner Hände. Alle Zweige der Industrie ohne Ausnahme werden durch die Chinesen gepflegt und betrieben, und versucht es auch einmal ein europäischer Handwerker, mit ihnen zu konkurriren, so geht er zu Grunde. – Die Chinesen in Batavia stehen ebenfalls unter selbstgewählten Magistraten, welchen die holländische Colonialregierung verschiedene Ranggrade vom Major abwärts zugesteht.
Ein Halbkreis von Gartenanlagen umgibt die Stadt, wird aber durch zahlreiche, stehende Gewässer, Teiche oder Gräben unterbrochen, welche das Wasser des Sumpfbodens sammeln und dem Flusse zuführen, der an Batavia vorbei dem Meere zuschleicht. Dem Strande entlang ziehen sich zu beiden Seiten Moräste und Lagunen hin, aus deren Dünsten die glühende Sonne ihren Giftschleier webt, mit dem sie jeden Abend bei ihrem Untergange die schlummernde Bevölkerung zudeckt. Daher kein Wunder, daß, trotz einer jährlichen Einwanderung von mehren Tausenden, Batavia’s Bevölkerung jährlich sinkt. Sie beträgt jetzt höchstens 52,000; davon sind 3000 Europäer, 23,000 Eingeborne und Malayen, 15,000 Chinesen, 600 Araber und 10,000 Sklaven.
Die entferntern Umgebungen Batavia’s sind sehr anmuthig. Terrassenartig steigt die Landschaft empor, mit lieblichen Thälern durchschnitten und von Flüssen und Bächen reichlich bewässert. Gebahnte, sorgfältig unterhaltene Landstraßen führen nach den verschiedenen Orten, welchen der reichere und vornehmere Theil der Bevölkerung
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Neunter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Philadelphia 1842, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_9._Band_1842.djvu/246&oldid=- (Version vom 6.1.2025)