Seite:Mizler Musikalische Bibliothek Bd4 1754.pdf/13

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Lorenz Christoph Mizler (1711–1778): Mizler Musikalische Bibliothek Band 4 1754

Ausspruches eines Poeten bedienen darff, so kann auch ich die Gewalt der Musik, über die Leidenschafften, nicht schöner ausdrücken, als es der unsterbliche Günther[1] über die Kunst eines meiner grösten Söhne gethan hat, Und wenn die Poeten dieses Stück unter seine Meisterstücke rechnen, so müssen sie auch zugeben, daß ihm die göttliche Musik zu diesem Lobe verholfen habe.

Es will sich ein beredtes Gift, spricht er:
Durch Ohr und Adern schleichen,
So oft die Haare streichen,
So oft wird Mund und Herz gerückt,
Nun macht der faule Strich entzückt
Nun wiegen mich die sanften Phantasien
In Traum und Schlummer ein;
Nun wekt mich das geschwinde Schreyn;
Nun muß ich mit den Griffen fliehen,
Nun weinen Geist und Darm zugleich,
Nun fall ich hart, nun fall ich weich,
Nun fall ich in ein starkes Rasen,
Nun will das Schrecken Feuer blasen:
Jetzt reißt mich die Erbarmung hin;
Nun muß der ungewisse Sinn
In Zweifel und in Hofnung kämpfen,
Nun hüpft das Herz Vergnügungs voll
Gewalt! Gewalt!
Hört doch, hört die reinen Saiten
Zittern, wechseln, iauchzen, streiten,


  1. in dem Gedichte auf Herrn Kapellmeister Pfeiffer.
Empfohlene Zitierweise:
Lorenz Christoph Mizler (1711–1778): Mizler Musikalische Bibliothek Band 4 1754. Mizlerischer Bücher-Verlag, Leipzig 1754, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mizler_Musikalische_Bibliothek_Bd4_1754.pdf/13&oldid=- (Version vom 24.3.2024)