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Lorenz Christoph Mizler (1711–1778): Mizler Musikalische Bibliothek Band 4 1754

die Völker, die von keinen Künsten wissen, die rauhen Scythen, die weder lesen noch schreiben konnten, die Vorwelt, die sich vom Kriege und Blutvergiessen nährte, hat doch allemal entweder bey dem Götzendienste die Musik gebrauchet, oder selbst unter den Waffen, durch ein thönendes Erz den Muth und die Tapferkeit gestärket. Aber euch ihr zärtlichen Griechen, dir o Vaterland der schönen Künste, hat die Tonkunst nicht weniger zu danken, als die Poesie und Malerey. Da war es, wo zuerst ein Orpheus die Wälder und Bäume durch den Klang seiner Leyer tanzend machte, und ein Arion die Vogel und das Meer zu Zuhörern hatte, Da war es, wo sich zuerst die Weltweisen bemüheten, unsere Kunst auf sichere Gründe zu bauen, und zur Wissenschafft zu machen. Da war es, wo ihr Perikles einen öffentlichen Schauplatz bauete, und an den Festtagen musikalische Wettstreite halten ließ; da war es, wo sich ein Themistokles schämte, daß er nicht spielen konnte. Wenn gleich ein kriegerisches Rom fürchtet, durch den Klang der Saiten die Gemüther weichlich zu machen; so sind doch Claudius, Cäcilius, und Licinius Crassus gute Saitenspieler gewesen. Und wer weiß nicht, daß eben dieses Rom, eben dieses Italien das Vaterland der heutigen Musik ist?

Wenn sich die Malerey groß macht, daß sie in die Cabinette groser Herrn eindringet; wann sie ihren Werth durch die kostbaren Belohnungen, die ihre Meisterstücke verdienen, erheben will, so kann sich

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Lorenz Christoph Mizler (1711–1778): Mizler Musikalische Bibliothek Band 4 1754. Mizlerischer Bücher-Verlag, Leipzig 1754, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mizler_Musikalische_Bibliothek_Bd4_1754.pdf/8&oldid=- (Version vom 17.2.2024)