gedrängt wurden, so daß ihnen nichts übrig blieb, als in die größeren Städte und in die Großstädte zu übersiedeln.
Diese Maßregel, die ebenso grausam wie sinnlos war, geht im wesentlichen auf den russischen Minister des Inneren Plehwe zurück, der ein gerissener Bureaukrat, als Staatsmann eine der verhängnisvollsten Erscheinungen des Ostreiches, Reaktionär und zugleich erfolgreicher Wegbahner für die Revolution gewesen ist.
Das Ergebnis dieser Politik war, daß die Masse der Juden in Rußland zusammengepfercht wurde im sogenannten Juden-Rayon, in jenen Gebieten Rußlands also längs der westlichen Grenze.
Und diese jüdische, furchtbarste, mittelalterliche Leidensperiode in der Neuzeit, wurde verstärkt durch jüdische Massenabschlachtungen, deren Folge wiederum die Flucht von tausenden von Juden über die westliche Grenze war. Durch die Hilfsaktionen größten Umfanges der westlichen Juden wurden diese Flüchtlinge zum ganz überwiegenden Teil dann in die Vereinigten Staaten von Amerika hinübergeführt. Das übervölkerte Europa hat für solche Massen keinen Platz, und auf diese Ursachen ist es zurückzuführen, daß heute New-York die größte jüdische Gemeinde der Welt ist.
Was die Juden der Vereinigten Staaten von Amerika auf dem Gebiete der Hilfe für die Juden Rußlands getan haben, gehört zu den gewaltigsten humanitären Leistungen, die jemals, seit es historische Ueberlieferungen gibt, vollbracht worden sind. Die materielle großartige Hilfe und das Einfügen der russischen Juden in das amerikanische Leben ohne ernste Rückschläge, ist das Werk der amerikanischen Juden.
Paul Nathan: Das Problem der Ostjuden. Philo Verlag und Buchhandlung GmbH, Berlin 1926, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Nathan-Das_Problem_der_Ostjuden_(1926).djvu/13&oldid=- (Version vom 1.8.2018)