Was die Ordnung davon betrifft, so besteht sie aus ionischen Pilastern mit des Scamozzi verbesserten Knäufen; da der Thurm allein bis obenaus übereck gekuppelte Wandsäulen und neben der Thüre zween Wandpfeiler hat. Anstatt eines Unterbaues oder Säulenstuhls stehen die Säulen auf drey ungleich hohen Zacken, die Vitruv Scamillas impares nennt. Im Hauptsimse sind die nöthigen Lattenköpfe oder Zähne eingeschnitten, und die ganze Unterhöhe der Kirche von dieser Ordnung beläuft sich vom Pflaster bis mit dem Postament, das über dem Hauptsimse stehet, auf acht und dreyßig Ellen. Von da erhebt sich der Thurm mit seinen Säulen und Pfeilern um eine zwote, nämlich die deutsche Ordnung. Und in der That haben wir dem Professor Sturm viel zu danken, daß er den deutschen Baumeistern eine neue Composition in die Hände gegeben, die sie zwischen der Ionischen und Römischen einschalten können, damit der Abfall nicht mehr so merklich wird. Diese Ordnung schließt am Thurme nur eine einzige sechs Ellen weite und funfzehn Ellen hohe Arkade ein: da die Oberkirche auf beyden Seiten noch ein vier Ellen breites und zehn Ellen hohes Bogenfenster mit ihren Verdachungen, Schlußsteinen und zween Medaillons darüber zur Verzierung hat, welche letztere sich aufs alte und neue Testament beziehen. Und also verjüngt sich dieses Obertheil schon um zwey Fenster, und sitzt, vermittelst ein Paar Anschwüngen auf dem Untertheile auf. Die deutsche Ordnung hat ebenfalls ihre Kennzeichen, besonders die einfachen Tragsteine im Hauptsimse: über denen wiederum die Säulenstüle zur folgenden
Unbekannt: Beurtheilung der architektonischen Ausstellung bey der Churfürstl. Sächsis. Akademie der Künste am fünften März, 1770. Dyckische Buchhandlung, Leipzig 1770/1771, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neue_Bibliothek_der_sch%C3%B6nen_Wissenschaften_Akademieausstellung_Dresden_1770_Architektur.djvu/8&oldid=- (Version vom 22.10.2024)
