mal so gross als am Monde ist; so müsste ein, vermöge jener Kraft in unseren Gegenden fallender, Körper in 1 Minute einen Weg von 60 · 60 · 151/12 Fuss und in 1 Secunde 151/12 Fuss oder genauer 15 Fuss 1 Zoll 14/9 Linien Pariser Maass zurücklegen.
Auf der Erde fallen aber in der That die schweren Körper vermöge jener Kraft. Nach Huygens ist nämlich die Länge eines, in der Breite von Paris Secunden schlagenden, Pendels = 3 Fuss 8,5 Zoll Par. Maass.
Die Höhe, welche ein fallender schwerer Körper in 1 Secunde beschreibt, steht zur halben Pendellänge im doppelten Verhältniss der Peripherie zum Durchmesser eines Kreises (nach Huygens); sie ist also = 15 Fuss 1 Zoll 17/9 Linie. Die Kraft, durch welche der Mond in seiner Bahn erhalten wird, ergibt sich daher, wenn er zur Erde herabsteigt, unserer Schwerkraft gleich und ist demnach (nach der 1. und 2. Regel) eben dieselbe Kraft, welche wir Schwere zu nennen pflegen. Wäre nämlich die Schwere von ihr verschieden, so müssten die, vermöge der beiden vereinten Kräfte der Erde sich nähernden, Körper doppelt so geschwind herabsteigen und in 1 Secunde einen Weg von 301/6 Fuss zurücklegen. Dies ist gegen die Erfahrung.
Die vorstehende Rechnung gründet sich auf die Hypothese, dass die Erde ruhe. Denn wenn Erde und Mond sich um die Sonne, und inzwischen auch um ihren gemeinschaftlichen Schwerpunkt bewegen; so wird bei unverändertem Gesetz der Schwere die gegenseitige Entfernung ihrer Mittelpunkte ungefähr 60½ Erdhalbmesser sein, wie die Rechnung, welche nach §. 101. des ersten Buches angestellt werden kann, jedem zeigen wird.[1]
§. 5. Anmerkung. Der Beweis dieses Satzes kann ausführlich folgendermaassen angestellt werden. Wenn mehrere Monde um die Erde liefen, wie dies beim Jupiter und Saturn der Fall ist, so würden ihre Umlaufszeiten (indem man durch Induction schliesst) das von Kepler entdeckte Gesetz der Planeten befolgen, und es würden sich daher ihre Centripetralkräfte (nach §. 1. dieses Buches) umgekehrt wie die Quadrate ihrer Abstände vom Mittelpunkte der Erde verhalten. Wäre der Abstand des untersten von ihnen kleiner, und berührte er selbst beinahe die Gipfel der höchsten Berge; so würde seine Centripetalkraft, wodurch er in der Bahn erhalten wird (nach der vorstehenden Rechnung) sehr nahe der Schwere der auf jenen Gipfeln befindlichen Körper gleich sein. Würde nun dieser kleine Mond der Centripetalkraft, welche ihn in seiner Bahn in Bewegung erhielt, beraubt; so müsste jene Centripetalkraft bewirken, dass er zur Erde herabstiege, und zwar mit derselben Geschwindigkeit, welche die auf jenen Gipfeln fallenden Körper haben, weil nämlich ihre Kräfte einander gleich sind. Wäre jene Kraft, vermöge welcher der kleine Mond herabsteigt, von der Schwere verschieden und wäre er ausserdem gegen die Erde schwer, wie es die Körper auf jenen Bergen sind; so würde er vermöge beider vereinter Kräfte doppelt so schnell herabsteigen. Da nun beide Kräfte, sowohl die der schweren
- ↑ [619] No. 203. S. 387. Den Radius der Kreisbahn, welchen der Mond um die im Centrum der Bahn unbewegliche Erde beschreiben würde, ist nämlich kleiner, als der Abstand des Mondes vom Mittelpunkte der Erde, wenn ersterer sich um den gemeinschaftlichen Schwerpunkt beider Körper bewegte (§. 101. des ersten Buches). Aus diesem Grunde setzt Newton den Radius jener Bahn nur = 60 Halbmessern, obgleich das arithmetische Mittel der grössten und kleinsten Entfernung nicht kleiner als 60½ Halbmesser ist. Dass er in dieser Sache richtig geschlossen habe, hiervon überzeugte er sich dadurch, dass wenn man jenen Abstand von 60 Halbmessern in demjenigen Verhältnisse vergrösserte, in welchem bei unverändertem Gesetze der Schwere der Abstand des Mondes von der beweglichen Erde jenen Radius übertreffen muss, offenbar eine Länge von 60½ Erdhalbmessern herauskommen muss, wie die Astronomen für diese Entfernung gefunden haben.
Aus den bisherigen Angaben Newton’s sind die in dieser Bemerkung angeführten Grössen nicht klar zu ersehen, eher aus §§. 10 und 11. des nachgelassenen Werkes vom Weltsystem. Indem man, nach Hansen a. a. O. für die Masse der Erde = S = 1, die Masse des Mondes = P = annimmt, erhält man nach §. 101. des ersten Buches a : a¹ = also a¹ = = 60 · = 60,22. Setzt man für a = 60 und a¹ = 60,5; P = ; so folgt x = 39,52, also hat Newton nahe P = angewandt. Ferner ist nach Hansen der mittlere Abstand des Mondes von der Erde L = 52000 g · Meilen, der mittlere Abstand der Erde von der Sonne T = 20,666800 g · M. = 12027 D, wo D der Durchmesser der Erde und wenn R deren Halbmesser ist, 1 g · M. = RL = R = 60,592 R.
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 387. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/395&oldid=- (Version vom 1.8.2018)