u. dergl. herauszukegeln. Auch das Scheibenschießen wird in einigen Orten noch getrieben, während das früher allgemein eingeführte „Eierlesen“ größtentheils abgegangen ist und nur noch in einzelnen Orten zuweilen abgehalten wird, wie in Althütte, Groß-Aspach, Rietenau, Sechselberg und Sulzbach; in Ober-Brüden wurde es in den 50ger Jahren und in Unter-Brüden vor 35 Jahren das letztemal abgehalten, dagegen wird in Strümpfelbach noch diese alte Sitte alljährlich am Ostermontag ausgeübt. Auch das Pfeffern am Tage der unschuldigen Kindlein, wie das Anklopfen am Donnerstag vor dem Christfest nimmt immer mehr ab und ist nur noch in den Waldorten etwas üblicher. Die sog. Sichelhänget, wenn das Getreide eingeführt ist, wird nur noch bei größeren Bauern gehalten. Das Schießen bei Taufen, Hochzeiten und besonders in der Neujahrsnacht ist noch sehr im Gebrauch.
Bei den Taufen gehen nur die Pathen mit dem Vater des Täuflings und der Hebamme, die das Kind vorausträgt, in die Kirche; während des Kirchgangs wird alsdann von den ledigen Burschen tüchtig geschossen. Der Taufschmaus ist in dem westlichen und südwestlichen Theil des Bezirks nirgends mehr üblich, dagegen in den Waldorten, namentlich in den Filialorten, wenn das Kind auswärts zur Kirche getragen werden muß, begibt sich der Vater des Täuflings mit den Gevattersleuten (Pathen) und der Hebamme in das Wirthshaus und regalirt daselbst seine Begleitung. Von da geht es alsdann nach Hause zum Taufschmaus; die Unbemitteltern begnügen sich mit Kaffee und Kuchen, Wein und Käse. Bei den Wohlhabenden aber wird eine förmliche Mahlzeit veranstaltet, bei der so reichlich aufgetragen wird, daß dem Gaste sofort zwei Teller vorgesetzt werden, auf dem einen verspeist er so viel als möglich, auf dem anderen thürmt er ganze Schichten, besonders von Fleischstücken auf einander, die er alsdann nach Hause der Familie bringt.
Die Hochzeiten sind meistens sog. Zechhochzeiten und dauern, insbesondere in den Waldorten, im engern Kreise, d. h. bei den Brautleuten, Gesellen und Gespielinnen öfters zwei, zuweilen drei Tage. Vor allem sehen die Brautleute darauf, einen recht großen „Kirchgang“ zu bekommen, deßhalb wird schon mehrere Tage vor der Hochzeit der Hochzeitläder in alle Häuser der Heimat des Bräutigams und der Braut mit dem Gesuche herumgeschickt, den Brautleuten das Geleite in die Kirche zu geben. Nicht selten läßt auch der Wirth, bei dem die Hochzeit gehalten wird, noch im eigenen Interesse zur Hochzeit laden. Der Kirchgang ordnet sich gewöhnlich am Hause der Braut, voran ziehen bekränzte Kinder in buntem Anzug, ihnen folgen Gesellen (Brautführer) und Gespielinnen Paar um Paar mit Sträußchen am Hut und Kränzen in den Haaren, an sie schließt sich Bräutigam und Braut mit dem Myrthensträußchen und Myrthenkranz an.
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Backnang. H. Lindemann, Stuttgart, Stuttgart 1871, Seite 060. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABacknang.djvu/60&oldid=- (Version vom 1.8.2018)