Seite:P. Florian Baucke, ein deutscher Missionär in Paraguay (1749 - 1768).pdf/28

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welcher sich die Patriarchalkirche befindet, die zugleich als Hofkapelle dient. Sie ist mehr reich als schön. Der König (Johann V.) läßt hier den Gottesdienst so halten, wie man ihn zu Rom in der St Peterskirche feiert. Den Platz der Kardinäle zu Rom nehmen hier Adelige ein, die jenen ähnlich gekleidet sind; andere geistliche Herren, die gleichfalls zur Erhöhung der Feierlichkeit vom Könige angestellt sind, tragen violette Gewänder. Ich wohnte einer feierlichen Vesper bei, die vom Patriarchen, einem ehrwürdigen Herrn, gehalten wurde. Italiener sangen unter Orgelbegleitung. An beiden Seiten der vorderen Kirche saßen die erwähnten höheren Geistlichen in ihrer der römischen nachgebildeten Ordnung. Der König befand sich auf dem Chore, aber hinter Gitterabschluß. Hier hält er sich auch sonst den Vormittag hindurch auf. Von den Regierungsgeschäften hat er sich zurückgezogen: diese läßt er durch die erlauchte Königin Maria Anna leiten, eine Fürstin, die durch Tugend und Frömmigkeit zeigt, welchem Hause sie entsprossen. Sie ist allbeliebt, eine Mutter der Armen. Ich sah sie mehrmals in die Kirche fahren, und an den Seiten ihres Wagens ihre Almosengeber, die reichlich austeilten. Der Mission der Jesuiten ist sie besonders geneigt[1].

Wir deutsche Jesuiten wurden öfters an ihren Hof gerufen. Sie unterhielt sich mit jedem aus uns über seine persönlichen Verhältnisse. Sichtlich war es ihr ein erhöhtes Vergnügen, wenn sie wahrnahm, daß einer oder der andere ein Untertan Österreichs sei. Sie stand oft über eine Stunde mit uns sprechend bei ihrem Sessel und verweigerte uns die Gnade, ihre Hand zu küssen, mit den Worten: „Geehrte und werte Patres! Andere schätzen es als eine besondere Huld, meine Hand küssen zu dürfen; aber einem Priester, glaube ich, wird dadurch keine große Gunst erwiesen.“

Der alte kränkliche König ließ sich nie sehen. Sein Spaziergang ist aus seinem Kabinett in seine Kapelle. Nur am Namenstage der Königin ließ er sich fürstlich ankleiden, steckte seine Finger voll Ringe, ging ins Zimmer der Königin, schüttelte die Ringe


  1. Wie P. Baucke, so sprechen auch andere Missionäre mit hohem Lobe von der portugiesischen Königin Maria Anna aus dem Hause Österreich als einer vorzüglichen Wohltäterin der Missionen und der Missionäre. Siehe Huonder, Deutsche Jesuitenmissionäre 52.