Seite:P. Florian Baucke, ein deutscher Missionär in Paraguay (1749 - 1768).pdf/82

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des Müßigganges sie beherrschte. Infolgedessen waren sie auch jetzt noch nicht im stande, ihre Lebensbedürfnisse selbständig zu beschaffen. Es war aber schon etwas, daß sie zur Einsicht kamen, wie häßlich ihre früheren Sitten und Gebräuche gewesen. Lag nicht in dieser Erkenntnis bereits ein unendlich großer Gewinn? Sodann wohnten sie in unserer Nähe, wenn auch immer noch als Heiden; dadurch wurde uns die Möglichkeit geboten, durch unsere Wachsamkeit besonders schlimme Ausbrüche der Barbarei zu verhindern. Unter den Weibern unserer Reduktion fand

Bild 14. Tätowierung und Ohrschmuck der Mokobierfrauen.

sich vielleicht keine, die nicht früher mehrere ihrer Kinder ermordet hatte. Denn es war etwas Gewöhnliches, die Neugebornen in den ersten Lebenstagen zu erwürgen, wenn die Kinder ihren Eltern durch ihr Geschrei oder durch die nötige Besorgung während der Reise zur Last fielen, oder wenn eine ohnehin schon zahlreiche Familie durch neuen Zuwachs in Nahrungsverlegenheit kam, oder wenn eine fehlerhafte Leibesbeschaffenheit den neuen Sprößling ihnen verhaßt machte, oder wenn endlich der Mann zweifelte, ob er der Vater dieses Kindes sei.

Die Frau eines Heiden, der mit ihr schon acht Monate in der Reduktion sich aufgehalten hatte, gebar einen hübschen Knaben. Der Mann wollte aber gerade mit ihr in die Wildnis zurückkehren und gab ihr, ohne sich zu besinnen, zu verstehen, sie solle den Kleinen erwürgen. Ich erhielt Nachricht davon, eilte zu ihm hin, suchte ihn wenigstens so lange zurückzuhalten, bis sein Kind stärker sein würde. Er gab mir selbst auf die Frage, ob er es töten lassen wolle, keine andere Antwort als diese: „Ich habe es seiner Mutter schon gesagt.“ Um das Kind zu retten, kaufte ich es ihm um vier Ellen Leinwand ab, ließ es erziehen, und stellte den Knaben vierzehn Jahre später, als mich der unmenschliche