Zum Inhalt springen

Seite:PalagyiRaumzeit.djvu/40

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Empfindungen verdeckt immer alle ihre Vorgänger, und dieses Verdecken ist ein unabwendbares, wenn wir nur nicht unsere Aufmerksamkeit von dem besagten Punkte ablenken. Wir drücken die Thatsache des Verdeckens auch so aus, daß die einzelnen Empfindungen A0, A1, A2 .... alle in eine einzige Gesamtempfindung des leuchtenden Punktes zusammenfließen. Gewöhnlich besinnen wir uns gar nicht darauf, daß die Empfindung des leuchtenden Punktes aus einer ganzen zeitlichen Reihe von Empfindungen entstanden ist; würden wir aber an den Begriff des fließenden Raumes gewöhnt sein, so wäre uns sofort klar, daß wir in der Wahrnehmung jenes ruhenden leuchtenden Punktes eine kontinuierliche zeitliche Reihe von einzelnen Empfindungen zusammenfassen.

Das Verdecken oder Zusammenfließen der einzelnen Empfindungen A0, A1, A2 ... ist nur ein anderer Ausdruck für die Unmöglichkeit, dieselben in der unmittelbaren Wahrnehmung voneinander zu sondern. Gerade in dieser Unmöglichkeit liegt aber der Antrieb, die Empfindungen A0, A1, A2 ... in eine Gesamtempfindung, die ich kurz A nennen will, zusammenzufassen. Das Zusammenfließen der zeitlichen Empfindungsreihe in eine Empfindung liefert erst die Möglichkeit, den leuchtenden Punkt mit sich selbst zu identifizieren. Wir erkennen den leuchtenden Punkt A als diesen selben leuchtenden Punkt erst dadurch, daß die Reihe der Erinnerungsempfindungen, die er veranlaßt, in eine Empfindung zusammenfließt oder, was dasselbe besagen will, daß wir die Reihe seiner Zeitprojektionen A0, A1, A2 ... in einen Raumpunkt A zusammenfassen. Das Zusammenfassen einer Mannigfaltigkeit in eine Einheit ist aber als Denkfunktion betrachtet nichts anderes als ein Urteil. In dem Zusammenfließen der Zeitprojektionen A0, A1, A2 ... zu einem Raumpunkt A liegt also für unser Denken die Anregung zur Bildung eines Urteils, und zwar jenes Urteils, durch das wir den Punkt A


Empfohlene Zitierweise:
Menyhért Palágyi: Neue Theorie des Raumes und der Zeit. Wilhelm Engelmann, Leipzig 1901, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PalagyiRaumzeit.djvu/40&oldid=- (Version vom 1.8.2018)