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der Stadt, wo ihn fast alle kannten, von Mund zu Mund gingen. Bei alledem hatte er eine lobenswerte Eigenschaft. Wenn er nämlich irgend ein Gaunerstück ausführte, für welches er bestraft werden sollte, so verschwieg er stets, dass er ein Armenier sei. In solchen Fällen gab er sich gewöhnlich für einen Griechen, einen Zigeuner oder einen Juden aus. Wenn wir ihn dann im Scherze fragten, warum er seine Nationalität leugne, antwortete er gewöhnlich: „Ach, Brüderchen, wozu soll ich denn den Namen unseres Volkes schänden, mag man schon lieber den Griechen als den Armenier schelten!“

Welche Streiche er andern spielte, weiss ich nicht, aber für uns Studenten war er unentbehrlich. Wenn es vorkam, dass wir kein Geld hatten, so verschaffte er uns so schnell Thee, Zucker, Brod, Wurst und Tabak, dass wir geradezu erstaunten. Auch beim Versetzen und Verkaufen von Sachen zeigte er viel Geschicklichkeit, doch schlimm erging es uns, wenn er erfuhr, dass einer von uns Geld in der Tasche habe. Er ruhete da nicht, bevor er ihm nicht drei oder vier Rubel abgezwungen hatte.

Ich sagte oben, dass er den Spitznamen „Enge“ trug, doch wie er dazu gekommen,

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Rafael Patkanjan: Drei Erzählungen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PatkanjanDreiErz%C3%A4hlungen.pdf/130&oldid=- (Version vom 1.8.2018)