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alten Dienstmagd allein zu Hause. Ich sass einsam am Fenster und wie ich es oft zu thun pflegte, heftete ich meine Augen auf diese zwei Buchstaben, um aus Wörtern mit denselben Anfangsbuchstaben einen Gedanken zu bilden. Jedoch nicht einer derselben gefiel mir, bis mir endlich Worte einfielen, die sich tief in meine Phantasie eingeprägt haben und mir seit jener Stunde nicht aus dem Gedächtnis schwinden wollen. Es ist mir, als ob sie mir Schrecken einflössten und doch warte ich mit Ungeduld ihrer Erfüllung.“

„Wie sind diese Worte?“ fragte ich.

„Mort par venin!“ sagte sie, „seit jenem Tage habe ich mir in den Kopf gesetzt, dass mein Leben durch Gift enden muss.“

„Um Gottes Willen, lassen Sie doch diese thörichten Ahnungen, die nur ein Kind, aber nicht ein so gebildetes Fräulein wie Sie beschäftigen können. Doch was würden Sie sagen, wenn ich aus diesen Anfangsbuchstaben andere Worte bildete und zwar: Madame oder Marie Wajeltschjan!“ schloss ich scherzend.

„Jetzt ist die Reihe an mir, Ihnen zu sagen: Lassen Sie diese thörichte Prophezeiung, die nur einem Knaben in den Kopf kommen kann, aber nicht einem so gebildeten Studenten wie Sie.“

Empfohlene Zitierweise:
Rafael Patkanjan: Drei Erzählungen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PatkanjanDreiErz%C3%A4hlungen.pdf/139&oldid=- (Version vom 1.8.2018)