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deine Mutter selig!“ Die Leute sagten, er hätte dabei viel, viel geweint, aber ob es wahr ist, weiss ich nicht. Auch das, was ich dir eben erzählt habe, habe ich nur von den Leuten gehört.

„Lasar hatte eine ferne Verwandte, eine Wittwe. Diese lies er sogleich holen, übergab ihr sein Haus, die Dienerschaft, Pferde und Wagen, auch die Amme mit dem Kinde, dann händigte er ihr noch eine bedeutende Geldsumme ein und sagte: „Hüte das Haus, denn sieben Jahre lang wirst du mich nicht sehen!“ Dann verschwand er.

„Mit Gottes Hülfe wuchs das Kind heran und wurde mit jedem Tage hübscher. Jeder, der es sah, war entzückt, denn es war ein wahres Bild. Seine goldenen Locken hingen wie Ringe auf das Gesichtchen und das Hälschen herab, die Äuglein glänzten wie Türkissteine, die Brauen waren wie mit der Feder gezeichnet, das Gesichtchen war frisch wie eine Rose und auf den Wangen hatte es kleine Grübchen. Was endlich den Charakter anbetrifft, nun wenn ich den mit dem der Engel vergleiche, da habe ich nicht Unrecht. So war sie, als sie vier Jahre alt war.

„Sobald sie einen Bettler, einen armen Wanderer oder Kinder in zerrissenen Kleidern

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Rafael Patkanjan: Drei Erzählungen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PatkanjanDreiErz%C3%A4hlungen.pdf/34&oldid=- (Version vom 1.8.2018)