Seite:PatkanjanDreiErzählungen.pdf/44

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Kurbaschi hatte das eben gewollt und sagte lächelnd: „Ich bin allerdings eine Armenierin, aber du bist keine.“ Kati entgegnete hierauf: „Und was bin ich denn, wenn ich keine Armenierin bin?“ – „Du bist eine Russin,“ antwortete Kurbaschis Tochter. „Entschuldige!“ versetzte Kati harmlos, „ich war keine Russin und will keine sein. Wenn ich eine Russin sein wollte, da wäre ich in Odessa geblieben!“ Das Teufelsmädel, die Kurbaschi, sagte ihr hierauf: „Nein, nein, du bist keine Armenierin, du bist eine Russin!“ Kati argwöhnte auch jetzt noch nichts und aufrichtig sagte sie: „Allerdings bin ich in einer russischen Schule erzogen worden, aber ich habe weder unsere heilige Religion noch unsere Muttersprache vergessen. Auch in Odessa giebt es eine armenische Kirche und jeden Sonntag besuchte ich den Gottesdienst. Auch giebt es dort einen armenischen Priester, und dieser kam wöchentlich dreimal zu mir und unterrichtete mich in unserem heiligen Glauben. Und damit ich unsere Sprache nicht vergässe, liess mir mein Vater von einem armenischen Lehrer Stunden geben: Sieben Jahre lang hat er mir Unterricht in der armenischen Sprache erteilt. Welches Recht hast du also, mir zu sagen, ich sei keine Armenierin, sondern eine Russin?“ Die

Empfohlene Zitierweise:
Rafael Patkanjan: Drei Erzählungen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PatkanjanDreiErz%C3%A4hlungen.pdf/44&oldid=- (Version vom 1.8.2018)