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lustig. Nach aufgehobener Tafel wälzten sie sich über die „Mauern“ und zerstörten mit Lust das mit Lust Errichtete. Kam die Zeit der Obsternte, dann kletterten sie auf die Bäume oder schüttelten sie; nur die Weintrauben am Hausspalier, die Feigen, die im heißen Sommer eben auch da schwollen, schonten sie, des Vaters scheu gedenkend.

1833 wurde die Wohnung, die man bis dahin im 3. Stock inne gehabt hatte, verlassen, und man zog ins erste und ins Erd­geschoß nach dem Garten zu; beide wurden durch eine Innen­treppe glücklich verbunden; oben wohnten die Eltern und die Tochter; unten in alten gewölbten Räumen rechts und links von einem Gartensaale die alte Großmutter und die Söhne.

In diesen zwei Halbgeschossen haben die Eltern noch bei­nahe 30 Jahre gewohnt. Der Hausrat, der sie umgab, war ihnen zum Teil allmählich erwachsen, teils durch das Erbe von der alten Großmutter geworden. Im Wohnzimmer Mahagoni­sekretär, ein Pleylsches Tafelpianoforte, der runde Klapptisch am Sofa, daran ein hoher Großvaterstuhl nahe dem Ofen, auf dem einen Tritt ein bequemer Armstuhl im Stil Louis XV., Näh­tisch und Vogel; zu Füßen meist der Hund gebettet; der letzte war nach der Weise jener Zeit Joli genannt. An der Wand stand in schönlackiertem, mit chinesischen Malereien geziertem Schranke eine alte Uhr, zu London gefertigt, hinter feingeschliffenem Glase. In der „guten“ Stube die „Glasetagere“ mit Silber-, Glas- und allerhand Ziergeräten; an den Wänden beider Zimmer die Familienbilder. Im Zimmer des Kämmerers sein Kirschbaumrollpult und ein behagliches Sofa. Im Schlafzimmer und in einem Beiraum aber standen schöne alte Nußbaumschränke und -kom­moden mit goldbronzierten Griffen und Schlüsselschildern aus der besten Zeit des Rokoko, Überreste von der Einrichtung Christian Friedrichs, des Königlichen Münzscheiders. Auf einen lackierten chinesischen Schrank mit großen Flügeltüren und vielen Kästchen hatte es der Jude Meyer abgesehen; er kam von Zeit zu Zeit „nachzufragen“ und scheint ihn doch der Großmutter abgeschwatzt zu haben, denn er ist frühzeitig verschwunden. Mit dem klugen Händler ließ sich wohl der älteste Sohn in Gespräche ein und erfuhr von ihm manches Gute über die Art, wie diese damals

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Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/38&oldid=- (Version vom 3.3.2024)