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eines evangelischen Gotteshauses, wie wir sie sonst aus jener Zeit nirgends finden und damit, wie Cornelius Gurlitt sagt, den vollendeten Ausdruck einer merkwürdigen geistigen Bewegung im deutschen Volke, ein rühmliches Denkmal kulturgeschichtlicher Entwickelung in einer Zeit des Stillstands und der Verrohung.

Der Gedanke Augusts des Starken, die Hauptwache vor der Frauenkirche zu beseitigen, damit sie um so mächtiger wirke, ist erst 1766 verwirklicht worden. Aber nicht mit der gewünschten Wirkung. Die Bilder Canalettos zeigen vielmehr, daß gerade die langgestreckte niedere Hauptwache, die sich vor den massigen Unterbau legte, der freien großen Wirkung der Kuppel von Vorteil war. Bietet doch dieser Unterbau architektonisch nichts Hervorragendes; wir finden nur die Motive des Zwingers schlicht und sachlich verwendet, und daß das Portal so wenig monumental ist, tadelte schon August der Starke in einer Unterredung mit Georg Bähr.

SCHLOSSBAU – BAROCKSTIL.

Einigermaßen verwunderlich ist es, daß August der Starke, der soviel Herrliches gebaut und geschaffen hat, nicht auch sein Schloß in Dresden in entsprechender Weise umgebaut und verschönert hat. Die Gelegenheit dazu hatte er. Denn ein zweitägiger Brand zerstörte im Jahre 1701 die ganze östliche Elbseite des Schlosses bis an den Turm, der gerettet wurde. Der prachtvolle Riesensaal aber und das herrlich geschmückte Georgentor mit dem Giebel gingen zugrunde; der Totentanz wurde damals nach dem Neustädter Friedhofe gebracht. Das Innere des wiedererstehenden Schlosses wurde in der Folge allerdings wieder so prächtig ausgeschmückt, wie es der Prunkliebe und dem Kunstsinn Augusts des Starken entsprach. Das Äußere aber ward nur in unscheinbarer Weise rasch wiederhergestellt und blieb dann so bis in unsere Tage. Dutzende von Plänen zu einem neuen umfänglichen Schloßbau entstanden allerdings, aber der Bau selbst unterblieb, anfangs des nordischen Krieges wegen, dann in der Hast der sich drängenden sonstigen Unternehmungen des Königs. „In dem Wunsche, jedermanns Beifall zu erlangen,“ so heißt es in Flemmings Charakteristik des Königs, „ändert er oft seine Pläne, so daß er viele Sachen anfängt, aber keine vollendet.“

Wenn auch von dem damaligen Schmuck der Räume, die nach 1701 an die Stelle der ausgebrannten Säle und Zimmer traten,

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/144&oldid=- (Version vom 10.2.2023)