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entstanden zahlreiche neue und stattliche Bürgerhäuser, z. B. am Altmarkt (Goldner Ring 1700 und Löwenapotheke 1715), an der Schloßstraße Nr. 5, am Jüdenhof Nr. 5, Töpferstraße Nr. 1 (1715–23), an der Seestraße Nr. 6, Galeriestraße Nr. 16 u. 18, an der Kreuzkirche Nr. 1 u. 1b, Große Brüdergasse Nr. 39, Wilsdrufferstraße Nr. 7, Zahnsgasse Nr. 10, Rampische Straße Nr. 7 u. 23, An der Frauenkirche Nr. 16, Breitestraße an sieben Häuser usw. Damit sind ja noch längst nicht alle Neubauten jener Zeit aufgezählt; aber schon diese lange Reihe genügt, um zu zeigen, daß Dresden der Regierungszeit der beiden Auguste auch im Privatbau das Wesentliche verdankt.

Die genannten Bauten umschließen den Barock- und den Rokokostil. Den Barockstil vertreten vor allem Pöppelmann, Bähr und der Stadtzimmermeister Fehre, die den vielgestaltigen Stil rasch zu hoher Blüte bringen. Der treibende Gedanke für die Schauseiten ist die künstlerische Gesamtkomposition; sie führt zur Symmetrie und zur Betonung der Mitte, damit zu einer ungeraden Zahl von Fenstern, und zu einer wirksamen Verteilung der Schmuckteile. Ruhige Flächen in den Rücklagen werden in Gegensatz gestellt zu wenig belebten Massen in den Vorlagen, und dazu kommt die starke Betonung der senkrechten Linie, die zum Teil damit zusammenhängt, daß man die Häuser höher baut als vorher.

Das imposanteste und reichste unter den genannten Häusern ist das Palais de Saxe (jetzt Löwenbräu Moritzstraße).

Ein gequadertes Erdgeschoß, darüber durch zwei Geschosse gehend eine mächtige Säulenordnung, über dem kräftig verkröpften Gesims ein Halbgeschoß mit schweren Konsolen, ein hoher geschwungener und gebrochener Mittelgiebel, zwei niedere seitliche Giebel, ein vielfenstriges Mansardendach. Dazu über den Fenstern der beiden Hauptgeschosse acht Medaillonbildnisse römischer Helden und vier schmuckvolle Umrahmungen. Die Formen sind kraftvoll, ja derb gehalten, aber das Ganze ist prachtvoll aufgebaut und zusammengefaßt, die Gliederung – in eine Hauptvorlage mit drei Fenstern und vier Säulen, zwei einfenstrige Seitenvorlagen zwischen je zwei Wandpilastern und zwei einfenstrigen Rücklagen – ist um so wirksamer, weil sie im Gegensatz steht zu dem Rhythmus des Fensterschmucks, der nach dem Schema 1, 3, 5, 7 X 2, 4, 6 wechselt. Die Mitte des Baues ist noch besonders betont durch

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/168&oldid=- (Version vom 17.2.2023)