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Abb. 100 Johannes der Täufer von Bernini
(in der katholischen Hofkirche)

Auch ein marmornes Werk des großen Plastikers der Barockzeit Giovanni Lorenzo Bernini in Rom († 1680) besitzt die katholische Hofkirche: Johannes der Täufer, überlebensgroß, sitzend, das Rohrkreuz im linken Arm, wie er mit weitgeöffnetem Munde eben mit seinen Pharisäern dialektisch streitet und seine Argumente mit leidenschaftlichen Bewegungen der Finger begleitet, indem der rechte Zeigefinger den linken Mittelfinger heftig zurückbiegt. Kopf und Brust, sowie die beiden Beine – das rechte tief, das linke hoch – sind in starken Gegensatz gestellt. Das härene, mit dem Strick gegürtete Gewand bedeckt den linken Oberarm und den rechten Oberschenkel. Muskeln und Haare sind stark herausgearbeitet. Mit dem scharfen Blick und der energischen Bewegung gleicht der Wüstenprediger einem scharf argumentierenden Advokaten. Die kraftvoll lebendige Gestalt ist – wäre der Unterschied in der Auffassung nicht gar zu groß, so möchte man sagen: im Sinne Adolf Hildebrands – der engen Form des Marmorblocks überaus geschickt abgewonnen, ein Meisterwerk des Barockstils. Wann und wie es nach Dresden gekommen ist, weiß man nicht, jedenfalls vor 1734. Geringer in ihrer etwas konventionellen Auffassung ist die sitzende Lucrezia von Berninis Schüler

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/202&oldid=- (Version vom 24.2.2023)