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Brunnen die Formenwelt des Rokoko! Kann man sich denken, daß das frohe Empfinden dieser Reize einmal ganz verloren gehen konnte?

Von Knöffler stammen auch noch die ornamentalen Einzelheiten am prinzlichen Gartenpalais in der Zinzendorfstraße, dann der schon beschriebene köstlich charakterisierende Schmuck am Hause des Böttchermeisters und Weinhändlers Johann Köhler, Frauenstraße 14, angeblich auch der Milon von Kroton (der, die rechte Hand im zerspaltenen Baumstamm eingeklemmt, mit der linken gegen den Löwen ankämpft; er stand ursprünglich in dem v. Brauseschen Garten an der Maxstraße, jetzt im Großen Garten rechts vom Fußwege zwischen dem Großen Garten und der Pikardie), sowie endlich Mars und Minerva auf dem Hauptgesims des 1756–63 umgebauten Prinzenpalais. Gurlitt sagt von den beiden Figuren: „Die vorzüglich durchgeführte reichgefaltete Gewandung, wie die meisterhafte Abwägung der Massen, die Bewegtheit bei monumentaler Ruhe geben dem Werke hervorragenden Wert.“

Immer von neuem bewundert man bei diesen, wie bei Mattiellis Werken und bei der gesamten plastischen Kunst dieses Zeitalters, wie die Bildwerke immer mit der Architektur, mit der Hof- oder Gartenanlage zusammengehen, wie sie immer für einen bestimmten Platz geschaffen und auch geeignet sind. Die Bildhauer hatten einen erstaunlichen Blick für den Zweck ihrer Schöpfungen, sie ordneten sich willig dem Besteller und dem Architekten unter und sie hatten das Glück, in einem künstlerisch empfindenden Zeitalter zu leben, welches sie nicht zwang, Kunst für die Kunst zu machen, sondern ihnen gestattete, Kunstwerke für das vorhandene Bedürfnis zu schaffen. Auch nach Motiven brauchten sie nicht ängstlich zu suchen; die Kirche und die allgemeine, auf die Antike gerichtete Bildung gaben ihnen eine Fülle von Motiven, die jedem geläufig waren und nur der zeitgemäßen Ausgestaltung harrten. Wieviel übler sind unsere Bildhauer meist daran: Kunstwerke schaffen sie aus Eigenem in ihrem Atelier und dann wird, wenn es gut geht, ein Platz dafür gesucht, wo sie notdürftig untergebracht werden können. Und was das 18. Jahrhundert schuf, zerstören wir nur zu oft, ohne Besseres an die Stelle zu setzen. Zwischen das Brühl -Marcolinische Palais und den Mattiellischen Neptunbrunnen

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/210&oldid=- (Version vom 2.3.2023)