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„Die Schatten sind stark, aber nicht hart; die Umrisse zwar richtig, aber nicht scharf und schneidend.“ Das sind denn auch die Vorzüge der Canalettoschen Stadtansichten: sie sind wahr und richtig, in den Formen mit starken Schatten belebt und überaus klar im Lichte. Eine gewisse ernste Größe liegt in diesen Darstellungen, eine ruhige Gediegenheit und Zuverlässigkeit, die an sich dem Zeitalter nicht eigen war. Die Menschen bilden in ihnen die natürliche Staffage in zeitgenössischer Tracht.

PASTELLGEMÄLDE.

Wollen wir aber die Menschen selbst kennen lernen, die in damaliger Zeit in Dresden auf der Bühne des Lebens standen, so müssen wir die Pastellgemälde studieren, die den Canalettoschen „Prospekten“ einen besonderen Schatz der Galerie bilden. Hier haben wir die ganze Hofgesellschaft beisammen, die beiden Könige, die Prinzen und Prinzessinnen, die eleganten Kavaliere und die koketten Damen, die ganze Saxe galante mit Puder, Schminke und Schönheitspflästerchen, mit den eng geschnürten Korsetts und den schönfrisierten Perücken. Es kommt uns vor, als ob die Pastellmalerei so recht der Zeit entsprechend sei, die wir uns nicht ohne eine leichte Wolke von Puder denken können, als ob die ganze Leichtigkeit des Lebens sich ausspreche in der leichten Technik der Farbenstifte. Die ganze hellfarbige Eleganz, die kokette Zierlichkeit, die lachende Sorglosigkeit tritt uns in diesen Bildern entgegen, in Rosalba Carrieras hübschen und so charakterlosen Frauenköpfen, die ein ewiges Lächeln verschönt, in dem Schokoladenmädchen des Liotard, in dem pfeilschießenden Amor von Anton Raffael Mengs.

Freilich haben alle diese Bilder viel von ihrem ursprünglichen Glanze verloren. An und für sich aber leistet die Pastelltechnik alles, was man will. Die ausgezeichneten Bildnisse, die Raffael Mengs in seiner Jugend schuf, zeigen daß sie dem Ernst ebenso zugänglich ist, wie sie sich behend in den Dienst des tändelnden Rokoko stellt. König August III. ließ sich von dem jungen Mengs, den sein Vater von früh auf zur Kunst dressiert und sozusagen mit Peitsche und Zuckerbrot aufgezogen hatte, in Gegenwart seiner Familie, des Grafen Brühl und einiger anderer in Pastell malen, und das Bild geriet so zur Zufriedenheit des Königs, daß er dem jungen siebzehnjährigen Mengs 100 Dukaten dafür gab und 600 Taler Gehalt anwies. 1749, nach Louis Sylvestres

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/212&oldid=- (Version vom 3.3.2023)