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empfinden wir die Schönheit des Blickes von erhöhter Stelle über die Elbe, mag die Aussicht auch durch die Entwickelung der Stadt arg beeinträchtigt worden sein.

An dem ersten Lusthaus ist übrigens länger als 60 Jahre gebaut worden, und über eine schließliche Vollendung sind wir schlecht unterrichtet. Ursprünglich hatte Nosseni die Oberleitung des Baues, dann sein Schüler und Nachfolger im Amt Sebastian Walther und nach dessen Tode 1645 der Maler Christian Schiebling. Der sandsteinerne Bau, ursprünglich auf rechteckigem Grundriß eingeschossig errichtet, dann mit einem zweiten Geschoß versehen, hatte im Äußeren eine charakteristische Silhouette, mit der er keck über die Mauern der Bastion herübersah. Im Innern war er mit Säulen und 48 Bänken in buntem Marmor, mit 60 Büsten der sächsischen Fürsten, mit einem Brunnen in Alabaster, bronzierten Engeln, einer großen Orgel mit Pfeifen in Serpentinstein usw. prunkvoll verziert. Im Friese des oberen Saales hatte Christian Schiebling Geschichten aus dem trojanischen Kriege gemalt, darüber sah man die sieben Planeten mit den zwölf Himmelszeichen und weiter an der Decke die vier Elemente, sowie die Tageszeiten, gemalt von Kilian Fabricius. In den Nebenräumen zu beiden Seiten des Saales aber waren kostbare Steine aus dem Kurfürstentum Sachsen aufgestellt, auch Becher und Schalen aus Edelsteinen, die Barthel Börner (1590–1646) gedreht und verziert hatte. Nach alledem ist es begreiflich, daß das so eigenartig schön gelegene Lusthaus mit seiner prächtigen Innenausstattung zu Dresdens Wahrzeichen gerechnet wurde und sich eines so hohen Rufes erfreute, daß es von allen Reisenden, die Dresden in damaliger Zeit besuchten, erwähnt wurde. Eine ausführliche Beschreibung verdanken wir dem Augsburger Patrizier Philipp Hainhofer, der am 10. September 1699 als Abgesandter seiner Vaterstadt mit drei anderen Landsleuten in Dresden eintraf, um den Kurfürsten Johann Georg um Hilfe gegen die Unterdrückung des protestantischen Glaubensbekenntnisses durch den Kaiser Ferdinand II. anzugehen. In dem langen Bericht über seine Gesandtschaftsreise spielen die Kunstsammlungen und die sonstigen Sehenswürdigkeiten der Stadt die größte Rolle. Er widmet auch dem Lusthaus eine ganz ausführliche Beschreibung und schildert, wie hier das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden war:

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/74&oldid=- (Version vom 20.8.2021)