Philon: Ueber Abraham (De Abrahamo) übersetzt von Joseph Cohn | |
|
Tugendhafte es erhält, so fügt er keinem etwas Böses zu, sondern vermittelt allen seinen Untergebenen den Besitz und Genuss des Guten, indem er ihnen Frieden und gesetzliche Ordnung verheisst.
[45] 262 Es ist aber auch noch ein ausdrücklich verzeichnetes Lob vorhanden, das ihm durch einen göttlichen Ausspruch bezeugt wird, den Moses empfangen hat; von ihm wird (über Abraham) gesagt, dass „er Gott vertraute“ (1 Mos. 15,6), was sehr leicht auszusprechen, sehr schwer aber durch die Tat zu beweisen ist. 263 Denn wem anders soll man vertrauen? etwa der Macht oder dem Ruhm und Ehren oder ausserordentlichem Reichtum und vornehmer Geburt oder der Gesundheit und dem Besitze gesunder Sinne oder der Stärke und Schönheit des Körpers? Ist doch jede Macht etwas Schwankendes, da sie unzählige Gegner hat, die ihr Nachstellungen bereiten; und wenn sie auch einmal gesichert wird, so geschieht dies nur mit Hilfe vielfachen Leides, das die Machthaber bereiten und erdulden. 264 Auch Ruhm und Ehren sind ein sehr schwankender Besitz, denn er ruht unsicher auf urteilslosen Gesinnungen und flüchtigen Worten nicht erprobter Menschen; und wenn der Ruhm auch andauert, so enthält er doch seiner Natur nach kein echtes Gut. 265 Reichtum und edle Abkunft fallen auch den Schlechtesten zu; aber wenn sie auch den Tugendhaften allein zufallen, so ist das doch ein Verdienst der Vorfahren und des Schicksals, nicht der Besitzer. 266 Aber auch auf die körperlichen Güter darf man nicht stolz sein, da hierin die unvernünftigen Tiere uns überlegen sind; denn welcher Mensch ist stärker und kräftiger als der Stier unter den zahmen, als der Löwe unter den wilden Tieren? wer ist scharfsichtiger als der Falke oder der Adler? wer ist hinsichtlich des Gehörs so günstig gestellt wie das trägste Tier, der Esel? wer hat einen schärferen Geruchsinn als der Hund, von dem die Jäger behaupten, dass er mit seiner Spürnase zu der entfernten Jagdbeute zielbewusst hinläuft, ohne sie vorher gesehen zu haben? Denn was das Auge den andern Tieren ist, das sind die Nasenlöcher den Jagd- und Spürhunden. 267 Sehr gesund ist ferner und nahezu frei von Krankheiten die Mehrheit
Philon: Ueber Abraham (De Abrahamo) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloAbrGermanCohn.djvu/60&oldid=- (Version vom 11.5.2019)