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Philon: Über die Trunkenheit (De ebrietate) übersetzt von Maximilian Adler

dich rühmen können mit den Worten: „Auch ich war ja ein Sohn, dem Vater gehorsam und geliebt im Angesichte der Mutter“ (Sprüche 4, 3). [21] Wie solltest du auch nicht geliebt werden, würde ich ihm da sagen, da du doch aus Sehnsucht nach der Gemeinschaft die beiden geschaffenen (Menschen) bestehenden Bräuche beobachtest, aber auch die Satzungen des Ungewordenen beobachtest aus Liebe und Eifer für die Frömmigkeit? 85 Darum wird auch der Prophet Moses durch die Verfertigung der heiligen Gegenstände im Tempel die beiderseitige Vollkommenheit zeigen; denn es muß uns zu denken geben, daß er die Lade innen und außen mit Gold umkleidet (2 Mos. 25‚ 10),[1] dem Oberpriester ein doppeltes Gewand gibt (2 Mos. 28, 4), und zwei Altäre, den einen außen für die Schlachtopfer, den anderen innen für die Räucheropfer, erbauen läßt (2 Mos. 27, 1. 30, 1); sicherlich will er doch durch diese Symbole uns die Tugenden beiderlei Art vor Augen führen. 86 Denn der Weise muß sowohl unter den in der Seele innen bleibenden, unsichtbaren (Tugenden), als unter den außen sichtbar werdenden die Zier der Einsicht besitzen, die wertvoller ist als alles Gold.[2] Und wenn er[3] sich von allen menschlichen Bestrebungen zurückgezogen hat und das allein Seiende verehrt, muß er das schmucklose Gewand der Wahrheit anziehen, an das [370 M.] nichts Sterbliches rühren soll; – ist es ja doch aus Linnenstoff, der nicht aus dem Tode geweihten Wesen erzeugt wird –;[4] wann er aber im öffentlichen Leben auftritt, muß er das innere (Gewand) ablegen und jenes andere, buntfarbige


  1. Die doppelseitige Vergoldung der Lade wird erwähnt Ü. d. Leben Mosis II 95, auf den Gegensatz des Verhältnisses der Seele zu Gott und andererseits zur sichtbaren Welt und dem äußeren Leben bezogen De mut. nom. 43f. [Auch nach dem Talmud (Joma 72b) bedeutet der innere und äußere Überzug, daß „ein Thora-Gelehrter, dessen Inneres nicht seinem Äußeren entspricht, kein rechter Gelehrter ist“. I. H.].
  2. In diesem Satze gibt Philo die symbolische Deutung der innen und außen mit Gold umkleideten Lade.
  3. Die Erläuterung der Gewänder des Oberpriesters (De somn. I 216 und Ü. d. Einzelges. I 84) wird hier auf die Person des Weisen übertragen.
  4. Es wird keineswegs der Flachs für weniger vergänglich erklärt als andere Pflanzen; der Gegensatz zu ihm ist die Wolle der Schafe (Ü. d. Einzelges. I 84). – Die Erklärung des Leinenkleides, die sich De somn. I 217f. und Ü. d. Einzelges. I 84 ebenso wie oben findet, betrifft nicht die in der griechischen Textausgabe von Wendland angegebene Bibelstelle: 2 Mos. 28, 4, sondern 3 Mos. 16, 4. Philo verwendet im folgenden die Vorschrift, daß der Hohepriester den Dienst im Heiligtum in weißen Leinengewändern zu versehen, diese aber nach V. 23 beim Heraustreten abzulegen hat, um [wie auch die rabbinische Überlieferung versteht] das bunte Ornat anzulegen.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Trunkenheit (De ebrietate) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1929, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloEbrGermanAdler.djvu/036&oldid=- (Version vom 8.6.2018)