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indem sie das Licht der Wahrheit ausstrahlen läßt und die nach der sittlichen Vollkommenheit Dürstenden und Hungernden durch Überredung – eine süße[1] Tugend – erquickt. 140 Auch der Prophet selbst suchte zu erforschen, was die Ursache des Rechttuns sei und fand sie in dem Verkehr mit Gott allein. Denn wie er im Zweifel ist: ‘wer bin ich, und wie werde ich das schauende Geschlecht vor dem scheinbar als König herrschenden widergöttlichen Charakter retten’, wird er durch ein Gotteswort belehrt: „ich werde mit dir sein“ (2 Mos. 3, 11. 12). 141 Es ergeben sich nämlich gewiß auch bei der Untersuchung der Einzeldinge unterhaltende, philosophische Betrachtungen – warum denn nicht? –, das Suchen aber nach Gott, dem Besten in der Welt des Seienden, dem Unvergleichlichen, dem Urheber aller Dinge, erfreut gleich, wenn man an die Überlegung herangeht, bleibt aber doch nicht erfolglos, da Gott infolge seiner gnädigen Natur einem mit den Jungfrauen – seinen Gnadenbeweisen – entgegenkommt und sich denen, die ihn zu sehen verlangen, offenbart, nicht wie er ist, – das ist unmöglich; selbst Moses nämlich „wandte das Antlitz ab, denn er scheute sich, Gott von Angesicht zu schauen“ (2 Mos. 3, 6) –, sondern nur soweit, als es möglich ist, daß die gewordene Natur der unbegreiflichen Kraft sich nähert. 142 Auch dies ist in der Mahnrede aufgezeichnet; es heißt: „Ihr sollt euch hinwenden zu Gott euerem Herrn, und ihr werdet ihn finden, wenn [567 M.] ihr ihn sucht mit euerm ganzen Herzen und eurer ganzen Seele“ (5 Mos. 4, 29. 30).

[26] 143 Nachdem wir auch dies genügend besprochen haben, wollen wir uns der Reihe nach der dritten Hauptgruppe zuwenden, bei der zwar das Suchen vorkam, aber das Finden nicht folgte. Laban durchsuchte zwar das ganze Haus der Seele des Asketen, aber er „fand nicht“, wie Moses sagt, „die Bilder“ (1 Mos. 31, 33); denn es war voll von Dingen, nicht von Träumen und leeren Vorstellungsbildern. 144 Auch die geistesblinden Sodomiten, die leidenschaftlich danach trachteten, die heiligen, unbefleckbaren Gedanken zu schänden, fanden nicht den dahin führenden Weg, sondern, wie das Gotteswort sagt: „sie wurden zunichte, wie sie die Tür suchten“ (1 Mos. 19, 11), obgleich sie rings um das ganze Haus herumliefen und jeden Stein rückten, um zur Befriedigung ihrer entarteten, gottlosen Begierde zu gelangen. 145 Es wurden sogar auch schon manche, die Könige anstatt


  1. So wie φωτίζει Bezug nimmt auf χιόνος λευκότερον im Vorhergehenden, ist das sonderbare Attribut der ἀρετὴ die Erklärung der Worte μέλιτος γλυκύτερον Μ. Α.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Flucht und das Finden. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloFugGermanAdler.djvu/038&oldid=- (Version vom 21.5.2018)