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Philon: Über die Riesen (De Gigantibus) übersetzt von Hans Leisegang

an dem Bildner und Künstler der Heiligtümer, indem er sagt, daß „Gott aufrief den Beseleel und ihn erfüllte mit göttlichem Odem:[1] der Weisheit, dem Verstande, der Erkenntnis, dem Erdenken jeglichen Werkes“ (2 Mos. 31, 2–3), so daß durch diese Worte das Wesen des göttlichen Odems klar beschrieben ist. [6] 24 Derart ist auch der Geist des Moses, der übergeht auf die siebzig Ältesten, um sie von anderen zu unterscheiden und zu vervollkommnen. [266 M.] Sie wären in Wahrheit auch keine Ältesten gewesen, wenn sie nicht an jenem allweisen Geiste teilgehabt hätten. Es heißt nämlich: „Ich will entnehmen von dem Geiste, der bei dir ist, und will ihn legen auf die siebzig Ältesten“ (4 Mos. 11, 17). 25 Doch verstehe man das nicht so, als ob eine Wegnahme durch Abschneiden und Abtrennen geschehe, sondern wie sie vom Feuer geschieht, das, wenn es auch unzählige Fackeln entzündete, doch um gar nichts verringert in demselben Zustande bleibt. So steht es auch mit dem Wesen der Erkenntnis. Denn wenn sie auch ihre Anhänger und Schüler alle wissend macht, verringert sie sich in keinem Teile, oft sogar erfährt sie noch einen Zuwachs zum Besseren, wie es auch von den Quellen heißt, aus denen immer wieder geschöpft wird. Wird doch von ihnen erzählt, daß sie dann um so angenehmer werden. 26 Denn der fortwährende Verkehr mit anderen bringt eifrige Bemühung und Übung hervor und bewirkt vollständige Vollkommenheit. Wenn nun der eigene Geist des Moses selbst oder irgendeines anderen Geschöpfes hätte unter eine so große Menge von Schülern verteilt werden sollen, so wäre er wohl doch, in so viele Teile zerrissen, geschwächt worden. 27 So aber ist der Geist bei ihm, der weise, der göttliche, der unteilbare, der untrennbare, der treffliche, der alles ganz erfüllende, der Nutzen bringend keinen Schaden leidet und, auch wenn er anderen mitgeteilt oder auch zugefügt[2] wurde, sich nicht verringert an Verstand und Erkenntnis und Weisheit. [7] 28 Daher ist es wohl möglich, daß der göttliche Odem bleibe in der Seele, daß er aber verbleibe unmöglich, wie wir sagten. Und was wundern wir uns darüber? Gibt es doch auch überhaupt von keinem anderen Dinge einen zuverlässigen


  1. Die folgenden Worte faßt Philo als Definition des Pneuma; nach dem MT ואמלא אתו רוח אלהים בחכמה בדעת‎ wäre das nicht möglich.
  2. Gegen Wendlands Beanstandung der Breite des Ausdrucks (Rh. Mus. 27, 467) ist daran zu erinnern, daß § 23 von einem πνεῦμα προστεθέν (d. h. nicht von einem anderen Menschen übertragen), § 24 von einem μεταδοθέν die Rede war; bei ὠφελοῦν § 27 ist natürlich an diese Wirkungen gedacht.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Riesen (De Gigantibus) übersetzt von Hans Leisegang. H. & M. Marcus, Breslau 1923, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloGigGermanLeisegang.djvu/11&oldid=- (Version vom 14.9.2022)