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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

bin den Unrechtleidenden ein Verbündeter mit Hilfe der starken Hand, die zu sehen Uebermütigen nicht vergönnt ist; fühlen aber werdet ihr ihre aus unsichtbarem Ort kommenden Schläge, wenn ihr euer Tun nicht ändert“. 57 Da er also sprach, begannen sie zu fürchten – im Sprechen nämlich hatte er sich ganz in einen Propheten verwandelt, und er redete in Verzückung –, dass er bedeutsame Orakelsprüche künde; sie fügen sich daher, entfernen ihre Herden und führen selbst die Herde der Jungfrauen an die Tränkrinnen[1]. 58 (11.) Die Mädchen kehrten voller Freude heim und berichteten ausführlich das unverhoffte Begebnis, so dass sie in ihrem Vater ein grosses Verlangen nach dem Fremdling weckten. Er warf ihnen Undank vor und sprach etwa folgendes: „Was ist euch eingefallen ihn dort zu lassen? Ihr hättet ihn sofort hierher führen und, sofern er zauderte, ihn dringend bitten müssen. Habt ihr etwa irgend welche Unfreundlichkeit gegen Menschen an mir wahrgenommen? [p. 90 M.] Oder erwartet ihr, ein zweites Mal nicht mehr ungerechten Leuten zu begegnen? Wer des Dankes vergisst, wird einst der Helfer entbehren müssen. Aber wohlan, eilet zurück – denn noch ist der Fehler gut zu machen –, gehet schnell und ladet ihn ein, damit ihm sofort unsere Gastfreundschaft und dann auch Vergeltung von uns zuteil werde, denn wir sind ihm Dank schuldig“. 59 Sie eilen hin und treffen ihn nicht weit von dem Quell, melden ihm den Auftrag ihres Vaters und überreden ihn mit in ihr Haus zu kommen. Der Vater wird sofort von Bewunderung für die Erscheinung des Fremden und nach ganz kurzer Zeit auch für seine Willensstärke erfüllt – denn grosse Eigenschaften treten leicht zu Tage und brauchen nicht lange Zeit, um erkannt zu werden –, und er gibt ihm die schönste seiner Töchter zum Weibe, schon durch diese eine Tat seinen ganzen Edelsinn bekundend und dass das Schöne


  1. Rhetorische Ausschmückung des Textes (2 Mos. 2,17): „Da stand Moses auf und half ihnen und tränkte ihre Schafe“. Aehnliches über Moses’ Rede an die Hirten hat auch der Midrasch (Schemot R. c. 1 zu der Stelle): „Er sprach: Gewöhnlich schöpfen Männer und Weiber tränken, hier schöpfen Weiber und Männer tränken“.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/021&oldid=- (Version vom 1.8.2018)