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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

erdulden hatte; denn wem das Glück des Nächsten Schmerz bereitet, der muss, auch wenn er es nicht eingesteht, über dessen Unglück Freude empfinden. 248 Die Hebräer hatten ihnen wie Gleichgesinnten und nach gleichen Zielen Strebenden ihre schmerzlichen und andrerseits auch ihre freudigen Erlebnisse berichtet, ohne zu wissen, dass jene in ihrer Schlechtigkeit gar weit gingen und bei ihrer Feindseligkeit und ihrem Hass über ihr Glück zu klagen und über ihr Ungemach sich zu freuen vermochten. 249 Als aber deren böse Gesinnung sich enthüllte, wurden sie an dem Kampf mit ihnen durch ihren Führer verhindert, der so zwei glänzende Eigenschaften zeigte, Klugheit und Edelsinn zugleich: die Verhütung eines Unglücks war Klugheit, und der Entschluss, gegen Verwandte auch nicht in einen Verteidigungskampf sich einzulassen, zeugte von Edelmut.

250 (45.) So zog er denn an ihren Städten vorbei. Als aber ein König des Nachbarlandes, mit Namen Chananes[1], von seinen Spähern die Meldung erhielt, das auf der Wanderung befindliche Volk sei nicht sehr weit entfernt, glaubte er, dass es ungeordnet sei, und dass er es leicht besiegen werde, wenn er mit einem Angriff ihm zuvorkäme. Daher brach er auf, zog in Eile mit der einheimischen, gut bewaffneten jungen Mannschaft gegen sie aus und schlägt die, die ihm zuerst begegnen, in die Flucht, da sie auf eine Schlacht nicht vorbereitet waren. Da er auch Gefangene machte, rückte er, durch sein unerwartetes Glück übermütig geworden, weiter vor, in der Hoffnung auch die andern sämtlich zu bezwingen. 251 Aber diese waren durch die Niederlage ihres Vortrabs nicht wankend gemacht, sondern schöpften daraus nur noch mehr Mut als bisher, und bestrebt die durch die Gefangenen eingetretenen Lücken durch ihren Eifer auszufüllen, trieben sie einander an nicht zu ermüden und sagten: „Auf, lasset uns Mut fassen; eben betreten wir das Land;


  1. 4 Mos. 21,1.3 ist der König von Arad nicht mit Namen genannt, sondern nur als Kanaaniter bezeichnet; in der Septuaginta ist הכּנעני‎ durch Χανανείς (oder Χανάνης) übersetzt, der Volksname also, wie es scheint, als Personenname behandelt; daher bei Philo der Eigenname Chananes. Vgl. L. Cohn im Hermes XXXVIII S. 521 f.
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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/064&oldid=- (Version vom 1.8.2018)