Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt | |
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Monate nun, am 14. Tage, wenn die Mondscheibe ihr volles Licht zu erhalten im Begriff ist, wird das Ueberschreitungsfest gefeiert, ein allgemeines Volksfest, das in chaldäischer[1] Sprache sogenannte Pascha, an dem nicht die Laien die Opfertiere nur dem Altare zuführen, während die Priester sie schlachten, sondern nach Vorschrift des Gesetzes das gesamte Volk Priesterdienst tut, indem jeder einzelne das für ihn bestimmte Opfer herbeiführt und mit eigener Hand die Opferhandlung vollzieht[2]. 225 Während nun alles andere Volk froh und vergnügt war, da jeder die priesterliche Tätigkeit als eine Ehre betrachtete, brachten andere unter Tränen und Klagen die Festzeit zu (4 Mos. 9,6ff.), denn es waren ihnen vor kurzem Angehörige gestorben, und in ihrer Trauer um sie litten sie zweifachen Schmerz, denn ihre Betrübnis um die hingeschiedenen Verwandten wurde noch dadurch erhöht, dass sie des Vergnügens und der Ehre der priesterlichen Tätigkeit verlustig gehen mussten; da nämlich die für ihre Trauer bestimmte Zeit noch nicht abgelaufen war, hatten sie an jenem Tage auch die üblichen Reinigungen und Besprengungen nicht vornehmen können. 226 Diese kamen nun nach dem Feste voller Kummer und Niedergeschlagenheit zu dem Führer und schilderten ihm ihre Lage, den jüngst erfolgten Tod ihrer Verwandten, die Trauerzeit, die sie notwendigerweise einhalten mussten, und als Folge davon die Unmöglichkeit der Teilnahme an dem Opfer des Ueberschreitungsfestes. 227 Darauf baten sie, den übrigen nicht
- ↑ s. I § 5.
- ↑ Auch nach der Mischna (Pesachim c. 5 M. 5 im Anschluss an 2 Mos. 12,6) wurde das Passahopfer mit besonderer Feierlichkeit von Laien geschlachtet, und erst mit dem Auffangen des Blutes in silbernen und goldenen Schalen begann die heilige Handlung des Priesters: שחט ישראל וקבל הכהן. Das Passahlamm scheint längere Zeit auch ausserhalb Jerusalems einen gewissen Mittelpunkt der Passahandacht im Hause gebildet zu haben, so dass Einsichtige befürchtet zu haben scheinen, es könnte daraus ein Missbrauch, ausserhalb des Tempels zu opfern, entstehen. Man vergl. die Erzählung (Talm. bab. f. 53a) von dem Tadel, den der römische Jude Theudas sich durch die Behörde von Jerusalem (Simon ben Schetach(?) nach Berach. f. 19a) zuzog, – Von den heutigen Falaschas berichtet Faitlovich (Gli Ebrei d’Abissinia p. 12) aus eigener Anschauung: nella prima sera hanno mantenuta l’usanza biblica di scannare l’agnello del sacrifizio pasquale.
Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 350. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos2GermanBadt.djvu/053&oldid=- (Version vom 1.8.2018)