Seite:PhiloMos2GermanBadt.djvu/054

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

hintenangesetzt zu werden, man solle ihr Unglück bei dem Tode der Angehörigen ihnen nicht als Unrecht anrechnen und [p. 170 M.] ihnen nicht eine Strafe auflegen anstatt sie zu bemitleiden; sonst würden sie in schlimmerer Lage zu sein vermeinen als die Gestorbenen, da diese ja für keinerlei Ungemach mehr eine Empfindung hätten, während sie, die Ueberlebenden, mit voller Empfindung dafür tot zu sein glauben würden. 228 (30.) Nach Anhörung dieser Beschwerde sah Moses, dass ihr Rechtsanspruch nicht ungereimt sei, dass andrerseits der Grund für ihr Fernbleiben vom Opfer ein zwingender war und dass ihre zwiespältige Lage Mitgefühl verdiene, aber sein Urteil war unentschieden und schwankte wie auf der Wage hin und her – einerseits machten das Mitleid und das Recht ihren Einfluss geltend, auf der andern Seite fiel das Gesetz über das Opfer des Ueberschreitungsfestes dagegen schwer ins Gewicht, da darin sowohl der erste Monat als auch der 14. Tag des Monats für das Opfer ausdrücklich angegeben war –; und so, zwischen Versagen und Gewähren im Geiste hin und her geworfen, bittet er die Gottheit, das Richteramt zu üben und die Entscheidung durch eine Offenbarung zu erkennen zu geben. 229 Und Gott erhört ihn und kündet einen Spruch nicht über den Fall allein, über den er angegangen wurde, sondern auch über die künftig im Falle des Zusammentreffens derselben Umstände zu erwartenden. Dazu fügte er noch eine Bestimmung für solche hinzu, die aus anderen Veranlassungen mit dem gesamten Volke gemeinsam zu opfern verhindert würden. 230 Sehen wir nun, was das für Sprüche waren, die über diesen Gegenstand geoffenbart wurden. „Trauer um Verwandte“, so heisst es, „ist ein für Blutsverwandte nicht zu unterdrückendes Schmerzgefühl und kann als Verfehlung nicht angesehen werden. 231 Innerhalb der vorgeschriebenen Trauerzeit soll der Trauernde aus dem heiligen Bezirk verbannt sein, der von jeder nicht nur mutwilligen, sondern auch unbeabsichtigten Befleckung rein gehalten werden muss. Ist aber die Zeit der Trauer vorüber, so sollen sie der Gleichberechtigung bei den Opferhandlungen nicht verlustig gehen, damit nicht die Lebenden noch schlimmer daran seien als die Toten. Sie sollen als zweite

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 351. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos2GermanBadt.djvu/054&oldid=- (Version vom 1.8.2018)