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Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn

den Himmel, den er richtig „Feste“ nannte, da er doch körperlich ist; denn der Körper ist seiner Natur nach fest, weil er in dreifacher Richtung ausgedehnt ist; für das Feste und den Körper gibt es aber kein anderes Merkmal als die Ausdehnung nach allen (drei) Seiten. Im Gegensatz zu dem gedachten und unkörperlichen Himmel also nannte er mit Recht diesen sinnlich wahrnehmbaren und körperlichen „Feste.“ 37 Darauf nannte er ihn zugleich treffend und ganz natürlich „Himmel“, entweder weil er die Grenze aller Dinge bildet oder weil er zuerst von den sichtbaren Dingen geschaffen wurde[1]. Den Tag aber, der nach seiner Schöpfung abgelaufen ist, nennt er den zweiten, da er dem Himmel wegen seiner Würde und Ehrenstellung unter den sinnlich wahrnehmbaren Dingen die ganze Dauer und das volle Mass eines Tages zuwies.

[11.] 38 Da aber sämtliches Wasser sich über die ganze Erde ergossen hatte und in alle ihre Teile eingedrungen war, wie wenn ein Schwamm Feuchtigkeit aufsaugt, so dass Sümpfe und tiefer Morast entstanden, indem die beiden Elemente (Wasser und Erde) sich wie ein Teig zu einer einzigen unterschiedslosen und formlosen Masse verbunden und vermischt hatten, so befahl Gott, dass das Wasser, soweit es salzig war und in Saaten und Bäumen Unfruchtbarkeit erzeugen musste, aus den Poren der ganzen Erde zusammenströme und sich vereinige, das trockene Land dagegen sichtbar werde und nur das Süsswasser zur Festigung darin bleibe – denn die süsse Feuchtigkeit in einem bestimmten Mass ist gleichsam ein Kitt für die auseinanderstrebenden Teile –, damit sie (die Erde) einerseits nicht völlig austrockne und unfruchtbar und öde werde, andererseits wie eine Mutter beide Nahrungsarten, Speise und Trank, ihren Kindern so zu sagen darbieten könnte. Darum füllte er Brüsten gleich die Wasseradern an, die sich öffnend Flüsse und Quellen ausströmen sollten. 39 Ebenso breitete er die unsichtbaren feuchten Einschnitte über den ganzen fruchtbaren Erdboden aus behufs reichlicher Hervorbringung

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloOpifGermanCohn.djvu/17&oldid=- (Version vom 9.9.2019)
  1. Philo bringt nach falschen Etymologien das Wort οὐρανός (Himmel) mit ὅρος (Grenze) und ὁρατός (sichtbar) zusammen.