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Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn

von Früchten. Nachdem er dies angeordnet hatte, gab er ihnen Namen: das Trockene nannte er „Erde“ und das davon geschiedene Wasser „Meer.“ [12.] 40 Sodann beginnt er die Erde auszuschmücken. Er befiehlt, dass sie Gras und Aehren trage und allerlei Kräuter und futterreiche Felder hervorbringe und alles, was als Futter für die Tiere und als Nahrung für die Menschen dienen sollte. Ausserdem liess er alle Arten von Bäumen wachsen; keinen liess er aus, weder einen der wild wachsenden noch einen der sogenannten zahmen (edlen) Gattung. Es waren aber alle sofort bei ihrem [9 M.] ersten Entstehen mit Früchten belastet, im Gegensatz zu der jetzigen Art und Weise des Wachstums. 41 Denn jetzt wächst alles einzeln zu verschiedenen Zeiten, nicht alles insgesamt mit einem Male. Wer weiss nicht, dass das erste das Säen und Pflanzen ist, das zweite das Wachsen des Ausgesäten und Gepflanzten? Das eine treibt Wurzeln wie Fundamente nach unten, das andere drängt aufwärts, indem sie (die Pflanzen) in die Höhe streben und Stämme treiben. Dann zeigen sich die Triebe und die Knospen der Blätter und ganz zuletzt die Frucht. Und die Frucht wiederum erscheint nicht gleich in ihrer Vollendung, sie unterliegt noch erst mannigfachen Wandlungen hinsichtlich der Quantität in ihrer Grösse und hinsichtlich der Qualität in ihrer vielgestaltigen äusseren Erscheinung; denn die Frucht gleicht bei ihrem Entstehen unteilbaren und wegen ihrer Kleinheit kaum sichtbaren Stäubchen, die man wohl mit Recht die ersten sinnlich wahrnehmbaren Dinge nennen dürfte; hierauf wächst sie ganz allmählich infolge der ihr zugeführten feuchten Nahrung, die den Baum bewässert, sowie infolge der guten Mischung der Winde, die abwechselnd durch kühle und mildere Lüfte wärmen und nähren, und nimmt dann bis zur vollkommenen Grösse zu; mit der Grösse aber ändert sie auch ihre Beschaffenheit und schmückt sich, wie durch die Kunst des Malers, mit verschiedenen Farben. [13.] 42 Beim ersten Werden aller Dinge dagegen liess Gott, wie ich sagte, das ganze Pflanzenreich vollendet aus der Erde emporwachsen, mit Früchten und zwar nicht mit unfertigen, sondern vollkommen ausgereiften, zum sofortigen und unverzüglichen Gebrauch und Genuss der

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Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloOpifGermanCohn.djvu/18&oldid=- (Version vom 9.9.2019)