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Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn

der Jahreszeiten, schliesslich zur Unterscheidung der Tage, Monate und Jahre (1 Mos. 1, 14. 15), die doch die Masse der Zeit sind und den Begriff der Zahl hervorgebracht haben. 56 Was für einen Nutzen und Vorteil ein jedes der genannten Gestirne gewährt, lehrt schon der Augenschein; aber zu besserem Verständnis ist es vielleicht nicht unpassend, auch mit der Vernunft die Wahrheit aufzuspüren. Da die gesamte Zeit in zwei Teile, in Tag und Nacht, geteilt ist, so verlieh der Allvater die Herrschaft über den Tag der Sonne, wie einem Grosskönig, und über die Nacht dem Monde und der Menge der anderen Gestirne. 57 Die Grösse der der Sonne verliehenen Macht ist, wie gesagt, offenkundig; denn obgleich sie einzig und allein und nur für sich ist, hat sie als das ihr zugefallene Los die Hälfte der ganzen Zeit, den Tag, erhalten, hingegen [13 M.] alle übrigen mit dem Mond die andere Hälfte, die Nacht genannt ist; wenn die Sonne aufgeht, verdunkelt sich nicht nur, sondern verschwindet gänzlich vor der Fülle ihres Glanzes der Schein der zahlreichen Sterne; erst wenn sie untergeht, beginnen jene insgesamt die ihnen eigentümliche Beschaffenheit zu zeigen. [19.] 58 Sie sind aber, wie Moses selbst sagt, nicht nur geschaffen, um Licht auf die Erde zu senden, sondern auch um Vorzeichen zukünftiger Dinge erscheinen zu lassen; denn aus ihrem Auf- oder Untergange oder ihrer Verfinsterung oder ihrem Wiedererscheinen oder ihrem Verschwinden oder aus anderen Vorgängen in ihren Bewegungen erraten die Menschen künftige Ereignisse[1]: Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit, das Entstehen und Vergehen von Lebewesen, heiteres Wetter und Bewölkung, Windstille und gewaltige Stürme, Anschwellen und Austrocknen der Flüsse, Meeresstille und Seesturm, Veränderungen der Jahreszeiten, sei es dass ein Sommer winterlich kalt oder ein Winter warm oder ein Frühling herbstlich oder ein Herbst frühlingsmässig wird. 59 Manche haben auch schon aus den Bewegungen am Himmel Erderschütterungen

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloOpifGermanCohn.djvu/24&oldid=- (Version vom 9.9.2019)
  1. Den Bewegungen der Gestirne sowie den Sonn- und Mondfinsternissen schrieb die Astrologie nicht nur Einfluss auf die Witterung und bestimmte Naturereignisse, sondern auch auf Menschenschicksale zu; Philo erwähnt nur die Einwirkungen in ersterem Sinne.