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Seite:PhiloSobrGermanAdler.djvu/19

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Philon: Über die Nüchternheit (De sobrietate) übersetzt von Maximilian Adler

vom Guten benannt ist, nicht mit einer Art eines Namens genannt, sondern die ganze Gattung ist sein Name,[1] insofern, als ja nur das Gute nennenswert ist und einen guten Ruf und Ruhm verdient, wie umgekehrt das Böse namenlos und übelbeleumundet ist. 53 Welches Segens würdigt nun (die hl. Schrift) denjenigen, der der Natur des Guten teilhaftig ist? Welches? Eines unerhörten und ungewöhnlichen, um den kein Sterblicher fähig ist zu dienen, von dem fast wie von einem Ozean die reichen und nie versiegenden Quellen alles Edlen, flutend und immer von neuem sich ergießend, fließen. Denn den Herrn und Gott der Welt und alles dessen, was in ihr ist, nennt (der Segnende) eigens in ausnehmender Gnade den Gott Sems.[2] 54 Sieh nur! – Was gibt es Hohes, das davon nicht übertroffen würde? Denn, wem dies zuteil geworden ist, der wird fast gleichwertig der Welt; wenn nämlich das Wesen, welches beide leitet und betreut, das gleiche ist, dann müssen notwendig auch die beaufsichtigten Dinge geradezu gleichwertig sein. 55 Vielleicht gewährt (er) aber verschwenderisch noch eine Ehre bei dem Geschenke; denn Gott wird bei [401 M.] der sinnlich wahrnehmbaren Welt mit den Worten „Herr und Gott“ als ihr Beherrscher und Wohltäter bezeichnet, bei dem geistig erkennbaren Guten dagegen nur als Retter und Wohltäter, nicht aber als Beherrscher oder Herr; denn das Weise ist Gott mehr befreundet als untertan. 56 Deshalb sagt (die hl. Schrift) auch deutlich bei Abraham: „Werde ich verhüllen vor Abraham, meinem Freunde?“ (1 Mos. 18, 17).[3] Wer dieses Los besitzt, ist weit über die Grenzen menschlicher Glückseligkeit hinausgeschritten; er allein ist nämlich edel geboren, da er sich Gott zum Vater erwählt hat und allein als Sohn von ihm adoptiert worden ist; er ist nicht bloß reich, sondern überreich, da er in lauter unerschöpflichen und echten, mit der Zeit nicht alternden, sondern in Jugendfrische sich immer erneuenden Gütern


  1. Während sonst jeder Mensch einen speziellen, d. h. individuellen Namen trägt, bedeutet Sems Name im Hebräischen = שֵׁם‎, den allgemeinsten Ausdruck jeglicher Bezeichnung, d. h. den Gattungsbegriff: „Name“; [nicht in dem uns besondere naheliegenden Sinn eines Eigennamens; Philo denkt eher an nomen im grammatischen Sinne. I. H.]
  2. So geläufig uns (von der Bibel her) Wendungen wie „mein Gott“, „Gott Israels“ sind, so völlig ungewohnt sind sie dem Griechen. Er faßt daher das Possessiv-Verhältnis viel schärfer als es die Bibel meint.
  3. Die Worte τοῦ φίλου μου, auf die es Philo gerade ankommt, fehlen im MT; die LXX bieten statt dessen τοῦ παιδός μου. – Ausführliche Deutungen dieses Bibelverses finden sich All. Erkl. III 27 und Quaest. in Gen. IV 21.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Nüchternheit (De sobrietate) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1929, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSobrGermanAdler.djvu/19&oldid=- (Version vom 17.7.2016)