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Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler

Verderben entzogen. 159 Nun aber sagt der, der auf der Himmelsleiter steht, zu dem, der den Traum sieht: „Ich bin der Herr, der Gott Abrahams, deines Vaters, und der Gott Isaaks; fürchte dich nicht“ (1 Mos. 28,13). Dieser Spruch bezeichnete das Ziel der sich mühenden Seele und war ihr festester Halt, da er sie lehrte, daß der Herr und Gott des Alls dieses beides (nämlich Herr und Gott) seines Geschlechtes für ihn ist, für Väter und Großväter mit jedem von beiden Namen geschrieben und genannt,[1] auf daß die ganze Welt und der die Tugend Liebende dasselbe Los erhalte, da es ja auch heißt: „Der Herr selbst ist sein Los“ (5 Mos. 10, 9).

[26] 160 Man glaube aber nicht, es käme nicht darauf an, daß er hier „Herr und Gott“ des Abraham, aber nur „Gott“ des Isaak[2] genannt wird. Denn der [645 M.] ist das Symbol der auf sich selbst hörenden, selbst sich lehrenden und selbstgelernten, aus natürlicher Begabung hervorgehenden, Abraham aber das der gelehrten Erkenntnis; und jenem war es bestimmt, ein Einheimischer und Eingeborener, diesem aber, ein Umsiedler und Eingewanderter zu sein. 161 Denn nachdem er die chaldäische Sprache der Astronomen, die einem anderen Geschlechte und Stamme gehört, aufgegeben hatte,[3] kam er bei der an, die einem vernünftigen Wesen geziemt, bei der Verehrung des Allschöpfers. 162 Dieser Charakter braucht nun zwei Kräfte, die sich seiner annehmen müssen, Herrschaft und Wohltat, damit er durch die Macht des Herrschers gezwungen werde, auf die gegebenen Gesetze zu hören, durch seine Gnade aber große Förderung erfahre, jener andere aber braucht nur die (Kraft) der Gnade; denn er wurde nicht durch eine ermahnende Regierung besser gemacht, da er sich das Gute durch natürliche Anlage erworben hat, sondern er war durch die von oben her über ihn ausgegossenen Gaben von Anfang an gut und vollkommen. 163 Der Name nun für die gnadenspendende Kraft ist „Gott“, der für die königliche aber „Herr“. Welches Gut könnte


  1. Was in Athen amtlich als Besitz von Großvater und Vater eingetragen war, ging auf Sohn und Enkel als den natürlichen Erben über; so auf Jakob der κλῆρος Abrahams und Isaaks, daß Gott ihr κύριος und θεός war.
  2. Nach dem Urtext wäre zu übersetzen: „ich bin Ihoh, der Gott Abrahams und der Gott Isaaks.“ LXX gibt das Tetragramm bekanntlich durch κύριος wieder; Philo bezieht dies Wort irrig nur auf Abraham, sodaß Gott im Verhältnis zu diesem doppelt, im Verhältnis zu Isaak einfach bezeichnet wird.
  3. Vgl. hierzu Über Abraham § 69ff.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/43&oldid=- (Version vom 7.10.2018)